wir fahren nach charlottenburg, um a letter to david zu sehen. wir weinen und es ist ein so wunderbarer film und trotzdem kaum auszuhalten. und ich sehe nicht nur die orte, ich habe sie gesehen in einer völlig anderen form. weil ich kenne sie nur aus dem danach. und alles ist da und alles ist nahe. ich sehe Sylvia Cunio und ich erkenne sie, weil sie mir mehr als einmal begegnet ist in den letzten monaten und das ist das erste mal, das ich weine. und irgenwann denke ich, Tom Shoval kann diesen film nie enden und sich und uns in eine realität entlassen, aber er tut es irgendwann und ich lese in dem moment auf meinem telefon, dass Edan Alexander freikommen soll. und als ich danach auf die toilette des kinos gehe, ist die erste kabine verschlossen und ich höre, dass dahinter jemand ist, die bitterlich und ohne trost weint. und dann weine ich auch in meiner kabine und als ich raus- und vorbei an der schlange gehe, die es nun gibt, schäme ich mich, auch wenn die meisten der wartenden vermutlich im gleichen film waren.
meinen ersten arbeitstag nicht nur mit dem ordnen und zurecht-finden in den neuen dingen verbracht, sondern auch mit dem warten und dem meldungen ansehen und mit dem versuch, die debatten zu verstehen. gefühle aushalten, die eine so große spannbreite haben, verstehen, was dieser deal bedeutet, auch politisch und mit blick auf die anderen geiseln und auf trumps politik und gleichzeitig dieses fucking-unfassbare glück, Edan Alexander endlich zu sehen, lebend, auf seinen beinen stehend. und dann all die videos, vom ersten telefonat mit seiner mutter, vom wiedersehen, von seiner großmutter, die essen gemacht hat. was zur hölle. was für ein glück. wem auch immer sei dank, ruft martha an und fragt, ob ich zeit für ein getränk habe und aus anderen gründen als ihre habe ich endlich die gelegenheit, eine zigarette zu rauchen und ein getränk zu trinken. ich habe heimweh, seit tagen und jetzt kann ich es kaum aushalten, hier sein zu müssen, in einer gegenwart, in der ich mir aufmerksamkeit, für das, was passiert, erbitten muss. und natürlich sagte jede:r dort, dem:der ich schreibe, vielleicht sollte ich einfach nur eine woche kommen, ja, und bitte und mach.
am samstag in der wohnung rumgestanden und zu lakonisch gedacht: na mal sehen, von wem hamas heute ein video veröffentlicht und ich schwör, der punkt war gesetzt als eine eilmeldung mich wissen ließ: Yosef-Chaim Ohana und Elkana Bohbot. letzterer war in den tagen davor für mich überproportional präsent, weil es viele bilder von seinem kleinen sohn gab, der das plakat seines vaters hochhielt. im video liegt er nur auf einer matratze, abwesend, Yosef-Chaim Ohana spricht darüber, dass Elkana Bohbot aufgehört habe, zu essen und zu trinken. es ist propaganda von hamas, natürlich. aber es ist so schmerzhaft und so unaushaltbar. ein paar tage zuvor hieß es, Tamir Nimrodi, Netphong Phinta und Bipin Joshi wären tot. aber es gibt keine tatsächliche bestätigung, nur die tatsache, dass es von ihnen seit langem keine lebenszeichen gäbe. und dann sagt heute jemand in den nachrichten, 21 noch lebende geiseln, und es trifft mich und ich weiß einfach nicht, wie das übernehmen in wirklichkeit.
mehr als 70 vormalige und aktuelle esc-teilnehmer:innen fordern nun, dass israel ausgeschlossen werde, darunter der sieger des letzten jahres, es gibt wieder demonstrationen und mindestens einer der teilnehmer:innen, sendet eine todesdrohung. israel warnt besucher:innen der veranstaltung, sich als jüdisch oder israelisch erkennen zu geben. in basel, in der schweiz. in neapel wird eine israelische familie aus einem restaurant geworfen, die stadt lädt sie daraufhin ein, übernimmt übernachtungen und den besuch einen cafes. Emily Damari protestiert – vermutlich als einzige? – dagegen, dass mosab abu toha einen pulitzer-preis gewinnt. er hatte unter anderem in frage gestellt, dass sie und Agam Berger geiseln sind und leugnete den mord an Shiri, Ariel und Kfir Bibas. kanye west veröffentlichete am 8. mai den song “ww3” mit offen antisemitischen inhalten und hitler-verherrlichung und schafft es damit auf platz 1 unter anderem bei spotify deutschland. in der türkei ermordet ein gastgeber den fotografen Yitzchak Eliyashiv, einen ehemaligen gabbai der Heichal-Mosche-Synagoge in manhattan. die partei die linke beschließt, die jerusalem declaration als definition für antisemitismus zu verwenden, in einem nachtclub in philadelphia wird ein f*ck the jews- transparent über der tanzfläche angebracht, das pope-mobile von papst franziskus wird zu einer mobilen gesundheitsstation für die kinder in gaza umgebaut, sein letzter wunsch. mindestens 38 soldat:innen soldat:innen der IDF sollen sich seit dem 7. oktober selbst das leben genommen haben. eine rakete aus dem yemen schlägt neben dem flughafen ein, Guy Gilboa-Dalal hat in hamas gewalt seinen 24. geburtstag. ein paar tage zuvor wäre der 24. geburtstag von Daniel Perez gewesen, den die terroristen am 7. oktober ermordeten und nach gaza verschleppten, wo seine leiche nach wie vor als geisel gehalten wird. das gretchen in berlin sagt einer band aufgrund ihrer israelfeindlichen positionierung ab. ich frage mich, wie es mir gut gehen soll nur weil die sonne scheint.
jeffrey herf im bajzel zugehört. bester abend seit fast immer. wir werden das jahrbuch mit den spenden unserer freund:innen veröffentlichen können.