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500.oktober, abends

ich schreibe mit einer freundin aus deutschland, und sie erzählt mir etwas von dem ich weiß, dass es vor fünf wochen noch superwichtig für mich gewesen wäre, und jetzt brauche ich nicht nur ewig, wieder in die geschichte zu finden, sondern ich frage mich seit dem nun auch die ganze zeit, wie man sich mit so etwas derart intensiv beschäftigen kann. ich weiß, es hat seine berechtigung, aber ich kann mich gerade nicht zum teil davon machen. es ist zu weit weg, zu absurd, zu unwichtig.

hamas hat angekündigt, am donnerstag vier der leichen zurück zu schicken und israel hat ein procedere dafür bekannt gegeben: die toten werden entgegengenommen an einer kreuzung in gaza und erst untersucht, erst wenn die identitäten festgestellt sind, werden die familien informiert, dann die öffentlichkeit. 14 menschen sind noch für eine freilassung in der ersten phase vorgesehen, sechs von ihnen lebend. es gibt so viele geschichten von der gewalt. von monaten allein im tunnel, vom gefesseltsein, von der wenigen nahrung, von dem schmutz, der dunkelheit, dem psychischen und dem physischen terror, den machtspielen, den todesdrohungen, den ängsten, dem dreck, den folgen für ihre körper. es gibt erste erzählungen von sexualisierter gewalt, davon, dass die soldatinnen gezwungen waren, videos der folterungen anderer israelis anzusehen. heute abend auf der kundgebung hat Aviva Siegel erzählt, dass ihr mann Keith 30 kilogramm gewicht verloren hat. immer wieder wurden zitate eingeblendet. ich kann sie nicht lesen, aber dazu sind zeichnungen angefertigt worden, und das allein reicht, ist kaum zu ertragen. ich bin noch mehr obsessed davon, zu den kundgebungen zu gehen. am samstag mit j., die zum ersten mal da war. und wir verstehen kaum etwas von den erzählungen und weinen trotzdem. und wir sind damit nicht allein. es kommen wieder mehr menschen. heute war ich zuerst auch in jerusalem. am samstag bin ich um 7 aufgestanden, um zum platz der geiseln zu gehen, weil ich so viel angst hatte, die freilassungen allein anzusehen. Sasha Troufanov, Sagui Dekel-Chen, und Iair Horn konnten aufrecht und fast selbständig gehen. aber zumindest bei Iair Horn sieht man so deutlich den gewichtsverlust. Sagui wusste die gesamte zeit nicht, ob seine familie überlebt hat. sein körper soll übesät mit narben sein. Sasha war in der gewalt des islamischen djhad. die bilder, die produziert und gezeigt werden von den wiedersehen mit den familien, sollen vielleicht auch ein bisschen dafür sorgen, dass man andere vielleicht nicht vergisst, aber doch überlagert. Iair Horn hat eine kurze videobotschaft für die heutige kundgebung gemacht und so viel geweint. ich weiß nicht, ob es stimmt, aber ich habe gelesen, dass hamas während des procederes der freilassung mit dem auto von Eitan Horn vorfuhr. die terroristen haben den dreien zudem eine nachricht – ein stundenglas mit der inschrift ‘die zeit läuft ab’ – für Einav Zangauker mitgegeben, deren sohn Matan nicht unter denen ist, die in der ersten phase freikommen wird und die zu den bekanntesten und lautesten wortführerinnen der kampagnen zur freilassung gehört. Einav Zangauker spricht am samstag als erste auf der kundgebung. jmd. erzählt mir, dass nun zunehmend auch die angehörigen an die öffentlichkeit gehen, die bsher zurückhaltend waren; auch weil sie als likud-wähler:innen immer noch hofften, die regierung würde in ihrem interesse handeln. es gibt so viele geschichten. und sie sind in meinem kopf. aber ich kann sie nicht schreiben. am sonntag ruft a. an und fragt mich auch wegen der geiseln. ich denke erst, ach, kein problem darüber zu reden und dann kann ich nicht mehr aufhören zu weinen.

gestern abend einen maler getroffen, der im jahrbuch veröffentlichen wird, morgen fahre ich um eine fotografin zu treffen nach petach tikva. ich mache etwas, das ich wirklich mag. ich merke, wie sich die dinge hier für mich auch im guten intensivieren und ich erinnere mich, wie es ist, dinge zu tun, die ich gut kann und die ich gerne tue. ich gehe zu wenig ans meer und ich esse zu wenig gutes essen. g. ist für fünf tage aus frankfurt gekommen, schläft eine nacht in meiner wohnung und ruft heute aus dem flugzeug an, dass sie nicht zurück nach deutschland will. und fliegt dann trotzdem. ich denke schon jetzt immer wieder daran, wie es sein wird, wegzugehen und dann für einige monate nicht zurückzukommen. ich fürchte mich vor dem moment, auch wenn ich gern mal eine pause hätte. und vor allem, gern mal einfach ausgehen würde. ich mache zu viele bilder und videos und verliere immer mehr eine vorstellung, was ich damit machen soll. bevor ich hergekommen bin, war die idee so eindeutig. nun zerfließt alles in der permanenten präsenz, die sogar mich überfordert und die nicht mehr einfach angedachtes produkt werden kann. gleichzeitig finden sich erste klitzekleine fragmente zu überlegungen, die ein text werden könnten. aber ich weiß nicht, wie ich mich hinsetzen soll, ihn zu schreiben. aber ich werde es müssen. irgendeine ordnung

google hat den holocaust-gedenktag aus seinem kalender entfernt. tilda swinton schwärmt öffentlich von bds. das israelische jugendbaseballteam wird von einem turnier in stuttgart ausgeladen. es gibt noch so viel mehr, aber ich habe aufgehört, es zu sammeln.

tocotronic haben ein wundervolles album veröffentlicht.

20250214, abends

vor ein paar minuten schreibt mir s., dass ihr vor morgen graut. und ich kann bereits seit stunden kaum atmen. hamas hat bereits gestern bekannt gegeben, am samstag doch drei geiseln freizulassen, heute nachmittag gaben sie die namen bekannt: Sasha Troufanov (29), Sagui Dekel-Chen (36) und Iair Horn (46). alle drei waren von den palästinensern aus nir oz entführt worden, dem kibbutz indem sie zudem jede:n vierte: bewohner:in ermordeten oder verschleppten. Sasha Troufanov hat neben der israelischen auch eine russische staatsbürgerschaft. außer ihm zwangen die terroristen auch seine Großmutter Irena Tati, seine Mutter Jelena (Lena) und seine Freundin Sapir Cohen nach gaza. sie wurden ende november 2023 freigelassen. Saschas Vvater, Vitaly Trufanov, ermordeten die terroristen. Sapir Cohen wurde am 30. November 2023 im Rahmen eines einwöchigen Waffenstillstands freigelassen. Sagui Dekel-Chen hat auch einer amerikanische staatsbürgerschaft. seine mutter Neomit war am 7. oktober zunächst gemeinsam mit einem nachbarn entführt worden, konnte aber entkommen. seine frau Avital brachte im dezember 2023 die dritte gemeinsame tochter Shachar zur welt. Iair Horn hat neben der israelischen auch eine argentinische staatsbügerschaft und war gemeinsam mit seinem bruder Eitan entführt worden. er ist nicht unter denen, die in der ersten phase des deals freikommen soll. wie auch in den vergangenen wochen ist unklar, ob alle drei noch leben. ich muss es unbedingt schaffen, morgen früh aufzustehen und zum platz der geiseln zu gehen. ich kann, darf und sollte auf keinen fall hier allein sein und mir das ansehen. bin heute bereits sehr früh aufgestanden, um nach kiryat gat zu einer kundgebung von shift 101 zu fahren. mit anmeldung und kleinbus und so. hatte noch nie von dem ort gehört und dachte zunächst, das wäre eine kleinstadt, ein moschav oder so, stellte sich heraus: gibt hochhäuser und zwar viele. naja. gestern extra einen weißen kapuzenpullover gekauft und ga., die zu besuch aus frankfurt ist, nannte mich aktivistin. nächste woche wird es viele kundgebungen geben, montag sind es 500 tage.

zum ersten mal seit unendlichen zeiten ein selfie gemacht und an mehrere leute verschickt. viel rückmeldungen bekommen, keine, die sagte, dass ich gut aussehe. nichts für mein selbstbewusstsein dabei. auch darum muss ich mich selber kümmern (was wiederum erstaunlich easy war)

manchmal denkt man, alles sei vergangenheits-normal. besonders freitags, wenn es laut draußen ist und voll und stressig und menschen lachen und freund:innen treffen und viele cafes und restaurants tatsächlich gut besucht sind. und dann laufe ich da heute so durch mit meinem weißen pullover und einem großen gelben tape mit der zahl 497 und fühle mich irgendwie fremd in all der lautstärke und all dem lachen und dann stehe ich vor dem waschbecken bei den toiletten in sarona und hinter mir drei teenager-mädchen, die über ein handy gebeugt die namen derjenigen vorlesen, die morgen freikommen sollen. es ist immer nur ein schritt, ein atemzug, ein satz entfernt.

ich kann zu wenig denken, um zu schreiben. ich habe wein gekauft, aber ich kann ihn nicht trinken. ich habe überlegungen für das kleine buch im kopf, aber ich kann die datei nicht öffnen. ich ärgere mich immer noch über den post vom haus der wannseekonferenz, aber ich bin zu angeekelt, ihnen klug zu antworten während es mich gleichzeitig ärgert, dass sie damit durchkommen und sich im recht fühlen.

jmd. geschrieben, dass ich als von außen kommende person wahrgenommen werde und dies mit der erwartung verknüpft ist, dass ich die kraft und die aufmerksamkeit haben muss, für alle anderen da zu sein und es mir weniger zugestanden wird, dass ich unter all dem tatsächlich (auch) leide. ich will nicht dafür kämpfen, dass mir das zugestanden wird, das ist ja nicht nur albern, sondern auch vermessen und sinnlos. aber ich merke sehr, wie ich doch sehr überfordert bin und wie ich doch sehr ein bisschen mehr aufmerksamkeit brauchen könnte. j. hat vor ein paar tagen gesagt, dass ihr ihre engen freundinnen aus london so fehlen, weil ihr diese art von selbstverständlicher körperlicher nähe so fehlt, die solche beziehungen mit sich bringen und dass diese nochmal anders ist, als die selbstverständliche körperliche nähe ihres mannes. wir haben uns beim abschied superlang umarmt, aber ich denke auch, das war weniger als ein tropfen auf dem viel zu heißen stein. gestern abend fast zwei stunden durchgeredet beim meeting mit der coach-in. beste therapie ever.

mir graut vor morgen

20250212, nachts

immer wieder sagen menschen, dass, wenn alle geiseln zu hause sind, die aufarbeitung beginnen kann und wird. ich traue mich dann nie zu fragen, wie genau sie sich das vorstellen. weil ich habe keine vorstellung davon. im besondern auch nicht, weil ich denke, so eine “aufarbeitung” braucht ja voraussetzungen, rahmen, in denen sie möglich ist, politisch, gesellschaftlich, privat. etwas wie ruhe und raum und bereitschaft und denkende menschen, die wenig bis keine andere agenda verfolgen. aber vielleicht ist es auch egal, mir darüber gedanken zu machen, weil wer weiß ob und wann ja wann es an diesen punkt kommt und überhaupt: was weiß ich schon.

ich glaube, ich möchte jetzt feststellen, dass es ein deutlich größeres maß an rücksichtslosigkeit gibt, an kleinen, gemeinen gesten, lauten stimmen, an gegen einen laufen, an keinen platz machen. es ist ein bisschen, als sind grundformen eines ertragbaren zusammenlebens, geschrumpft, als gelten sie nicht mehr. vielleicht bin ich auch einfach nur sehr sensibel, vielleicht ist jede unachtsamkeit von anderen, etwas, das mich mehr schmerzt als zu anderen zeiten. ich merke, wie ich darunter zu leiden beginne, wie mich die gewalt dieser kleinen gesten, oder nicht-gesten verstört und irritierend stark verunsichert, verletzt vielleicht auch. es ist nicht mehr dieses tel-aviv-ding, demzufolge es laut und schnell und stressig und rude ist und das irgendwas mit charme sein soll. irgendetwas hat sich verschoben. irgendwer ist sehr viel gleichgültiger geworden gegen die präsenz aller anderen. jmd. sagte gestern zu mir, dass die gräben, die es vor dem 7. oktober ja schon gab, nun tiefer sind, am boden angekommen und ausgeweitet. ja, sicher, antworte ich, aber da ist noch etwas anderes, leiseres, etwas, das aus müdigkeit entsteht, aus angst und aus fehlender perspektive, aus ratlosigkeit, aus den vielen verlusten, aus verzweiflung und aus diesen permant präsenten grausamen geschichten. diese solidarität im miteinander, die in den ersten monaten präsent auch in den kleinen dingen war, die zu guten und leisen gesprächen geführt hat in verkehrsmitteln und im cafe, das teilen von etwas, das ist weg, verschwunden. ich wollte nach dem gespräch in eine ausstellung gehen, aber als ich aus dem cafe kam, hatte ich keine kraft mehr, keine aufmerksamkeit. und auch heute konnte ich es nicht nachholen. als ich es wenigstens zum shuk geschafft habe, war der fast leer. das macht ihn für mich zwar endlich begeh- und benutzbar. aber es soll nicht so sein und ich kann mich nicht daran gewöhnen. gestern abend an einem restaurant vorbeigegangen, das voll besetzt war und mich darüber gefreut, wirklich gefreut. normalerweise sind das sachen, die mir nicht egaler sein könnten. und nun sind solche dinge irgendwie zu erzählende dinge.

wir warten. mal lautet die forderung, hamas solle am samstag “our hostages,” “9 hostages,” oder “all of them” freilassen. ein bisschen ist klarer geworden, was hamas meint, mit den verletztungen des deals seitens israel aber ich weigere mich einfach zutiefst und dabei voller ekel und wut, dass sie das recht haben, überhaupt solche forderungen zu stellen. was für absurde situationen das sind. dass sie all dieses leid gebracht haben und am ende immer noch diese position und diese macht innehaben. mein denken setzt an diesem punkt einfach aus.

versuche, mich in die wissenschaft zurückzusneaken. habe wirklich einfach 16 monate kaum etwas in strukturen gemacht. ich glaube, ich bin verschwunden. und ich glaube auch, dass es niemand gemerkt hat. irgendwie fragt auch niemand danach, was ich so gemacht habe in dieser zeit. sondern ich bin einfach wieder da. vielleicht. habe den vertrag noch nicht unterschrieben. viele gespräche für das jahrbuch. immer wieder zeit für die bibliothek und das schreiben am kleinen buch.

heute vormittag alarm. nur eine übung. aber ich brauche einen moment, mich zu erinnern und mein körper braucht noch länger. weil irgendwas ist geblieben von den vergangenen malen und hat sich eingegraben. ich glaube immer noch nicht, dass es angst ist, sondern so eine verunsicherheit und irgendwas mit einem körperlichen bewusstsein für die eigene verletzlichkeit. aber überhaupt habe ich in den letzten wochen festgestellt, dass mich nicht zuordenbare geräusche, besonders wenn sie sich langsam aufbauen, sehr stressen.

in den letzten tagen und auch heute immer wieder meldungen von angehörigen der geiseln, dass sie neue lebenszeichen erhalten haben; Eitan Mor, Matan Angrest, Yosef-Haim Ohana. die freigelassenen haben viel mitgebracht, nicht nur ihre wunden und trauma und all die katastrophen, sondern für einige der familien auch das erste mal seit dem 7. oktober tatsächliche informationen. die natürlich dann auch wieder über das elend sind, über die schlechten bedingungen, über käfige und tunnel und das-angekettet-sein, das wenige essen, das fehlende licht, die gewalt, die angst, die verletzungen und die ausgebliebene / ausbleibende versorgung. es ist immer alles: erleichterung, dass es chancen gibt, dass sie noch lebend rauskommen könnten und gleichzeitig unendliche angst, dass ich habe so viele menschen, die ich nicht kenne, seit dem 7. oktober weinen sehen und jedes mal ist es ein bisschen, als die mutter von Daniella Gilboa erzählt, palästinenser haben ihre tochter gezwungen, mit pulver und trümmern bedeckt für fotografien zu posieren, um anschließend zu verbreiten, dass eine weibliche geisel bei einem IDF-luftangriff getroffen wurde. ich erinnere mich, wie es diese geschichte gab und mit ihr verbunden war, nie offiziell, aber als gerücht sogar mich erreichte. überhaupt geschichten: jede freigelassene und jede noch gefangene person ist mit so vielen mehr anderen erzählungen verbunden, nie geht es nur um die person, sondern immer um angehörige, freigelassene, noch in gefangenschaft befindliche, ermordete, um die orte, um die situation, um die anderen die in dem kibbutz waren, auf der straße, in einem auto, in einem shelter, unter einem baum, in einem versteck, unter leichen, auf dem nova-gelände. immer ist alles mit noch etwas verbunden. jede erzählung bringt ein netz aus anderen erzählungen mit. immer geht es auch um zahlen, um familiäre und um freundschaftliche beziehungen, wer sich kannte, wer zusammen aufwuchs, wer in der nachbarschaft lebte, ineinander verliebt war, oder getrennt, wessen kinder, geschwister, eltern, verlobte was sahen und erleben mussten oder nicht überlebt haben, wer gemeinsam entführt wurde, wer sich beschützte und vielleicht rettete. oder nicht mehr retteten konnte.

Avinatan Or, der freund von Noa Argamani, ist gestern 32 jahre alt geworden, sein zweiter geburtstag in der gewalt von hamas. heute waren es 495 tage. es gibt ein verstärktes bemühen, die namen und gesichter derjenigen in die öffentlichkeit zu bringen, die nicht in der ersten phase freigelassen werden sollen, unter anderem plakate mit den porträts der müttern, die die bilder ihrer söhne halten. ganz schlicht, schwarz weiß, düster, ein gelber schriftzug für “DONT” und für den namen der geisel. sie sind auch in diesen lichtkästen an bushaltestellen. überhaupt gibt es so viel mehr plakate und zeichen und bänder und stühle und bilder und symbole im städtischen raum als noch im herbst. und da dachte ich schon, dass es viele sind. es ist so dicht. wie eine zweite, nur an wenigen stellen noch offene, haut über den fassaden und straßen und plätzen und bäumen.

die bedienung von klimaanlagen wird mir für immer ein rätsel bleiben.

gleich ist der 13. februar. gleich ist es 26 jahre her, dass in guben Farid Guendoul, Kahled B. und Issaka K. von elf neonazis durch die straßen gejagt, beschimpft, geschlagen und in panik versetzt wurden und Farid Guendoul wenig später in einem hauseingang verbluten wird. noch immer kann ich die nacht nacherzählen, von der musik und den parolen, der polizei, die nicht kam, von den nazis, die suchend durch das viertel fuhren, von Issakas angst und Kahleds ohnmacht, von den nachbarn, die aus dem fenster zuguckten, von dem taxifahrer, der Issakas leben rettete und nichts von Farid mitbekam, der nur wenige meter weiter lag und alleine starb, von der polizei, die Issaka in handschellen durch die johlenden nazis führte und ihn anschließend studenlang gefesselt ließen, von den nazis, die versuchten, die polizeiwache zu stürmen. jedes jahr um diese zeit ist alles da, auch die erinnerung an die ohnmacht und an die wut der kommenden tage und wochen und mein kopf wird für ein paar stunden überschwemmt von geschichten und emotionen und ich vermisse dann d.

20250211, vor mittag

Tadeusz Borowski schrieb in seinem buch ‘bei uns in auschwitz’, dass es hoffnung war, die die menschen in die gaskammern gehen ließ, weil sie bis zum ende hofften, die könne nicht wahr sein (nacherzählt aus meiner erinnerung) und daran muss ich immer denken, wenn menschen mir irgendwas mit hoffnung erzählen. ich habe immer versucht, mich diesem prinzip zu verweigern. und trotzdem gehöre ich seit wochen und monaten zu denen, die wider allen möglichkeiten hoffen, dass shiri, ariel und kfir bibas lebend aus gaza zurückkommen. vor ein paar nächten habe ich es sogar geträumt und dann war mir noch eine weile nach dem aufwachen ganz erleichtert, bis mir die realität wieder einfiel. wenn etwas so schrecklich ist, dass man es nicht fassen kann, bis es wirklich da ist. dabei verdichtet sich das schlimme: am samstag wurden Eli Sharabi, Or Levy und Ohad Ben Ami von hamas freigelassen und sie sind in einem furchtbaren zustand. als erklärte gegnerin von holocaust-gleichsetzungen denke selbst ich, dass sie aussahen wie überlebende eines konzentrationslagers 1945. es war ein unfassbarer schock sie zu sehen, ed. und ich haben uns auf ihrem sofa an der hand gehalten und muss seit dem immer wieder weinen. Eli Sharabi wurde aus Be’eri entführt, ebenso sein bruder Yossi, der im januar 2024 als geisel der hamas starb. Elis Frau Lianne und seine Töchter Noiya und Yahel wurden am 7.10. in ihrem haus ermordet. Eli Sharabi wusste dies bis zu seiner rückkehr nicht, die terroristen ließen ihn noch auf der bühne sagen, dass er sich freue, seine frau und seine töchter wiederzusehen. Eli Sharabi wurde aus dem shelter bei kibbutz Reʿim entführt, gemeinsam mit Hersh Goldberg-Polin. seine frau Eynav Levy wurde in dem shelter ermordet. beide waren erst wenige minuten vor den ersten raketen auf dem nova-gelände angekommen. sie haben einen kleinen, heute 3-jährigen sohn. Eli wusste vermutlich ebenfalls bis zu seiner freilassung nichts vom tod seiner frau. er war zudem davon ausgegangen, dass Hersh bereits freigelassen worden war. Ohad Ben Ami war ebenfalls aus Be’eri entführt worden, ebenso wie seine Frau Raz Ben Ami, die bereits im November 2023 freigelassen wurde. eine ihrer gemeinsamen töchter, Ela, die an dem wochenende zu besuch im kibbutz war, konnte überleben.

gestern abend dann die aussage von hamas, keine weiteren geiseln mehr freizulassen. eine freundin veröffentlichte nochmal einen post, den sie zu begrinn des deals geschrieben hatte: hamas wird den deal platzen lassen und es so hinstellen, dass israel schuld ist und alle werden es glauben. ich war gerade auf dem weg nach ramla zu einem treffen mit einem fotografen und ich war für alles und jedes wort zu müde. will seit dem nichts anderes, als mich auf einen harten boden legen, und mich in mir zusammenkriechen. heute morgen dann gelesen, dass trump hamas droht, der waffenstillstand ende, wenn bis samstag nicht alle geiseln frei sind. das forum der geisel-familien gibt bekannt, dass nach aussagen der IDF der 86-jährige Shlomo Mansour bereits am 7. oktober 2023 ermordet worden sei und die terroristen seine leiche in gaza festhalten. er ist die älteste der geiseln, hatte als kind 1941 das farhud massaker in baghdad überlebt und hatte sein leben später dann vor allem in Kissufim verbracht, einem 1951 gegründeten kibbutz. damit ist nun von 36 der geiseln bekannt, dass sie tot sind. er sollte in der ersten phase des deals freigelassen werden, hamas hatte nicht übermittelt, dass er nicht mehr lebt. die familie der entführten zwillinge Gali and Ziv Berman (27) hat bekannt gegeben, lebenszeichen der beiden erhalten zu haben, ohne weitere informationen zu veröffentlichen. und Idit Ohel, die Mutter von Alon Ohel gab bekannt, dass sie durch Eli Sharabi erfahren habe, dass ihr sohn lebt, aber in sehr schlechter verfassung sei, auch aufgrund von verletztungen, die ihm die palästinenser im oktober 2023 zugefügt hatten. er hatte gestern seinen 24. geburtstag.

überhaupt immer mehr nachrichten zu folter, zu hunger, zu den bedingungen, zu den ermordeten und zu dem, was die überlebenden an schmerz und trauma mit zurückbringen. es gibt kaum raum für anderes. nur manchmal die frage, ob man eigentlich immer noch müder werden kann und wo der boden ist von absoluter verzweiflung. mir zu sagen, dass es für die familien noch schlimmer ist und dass wir alle, die es wollen, da jetzt eben stark und da sein müssen, ihre bilder und geschichten immer und immer wieder veröffentlichen, ist zu einem w/irren mantra in meinem kopf geworden. weil so bescheuert wie es klingt: ja. aber gestern auf dem nachhauseweg auch gedacht, dass ich das alles gewaltig unterschätzt habe. es ist das erste mal, dass meine beziehungen in deutschland so krass und grundlegend wichtig hier sind.

20250204, abends

jeden tag denke ich, heute aber etwas schreiben. aber naja. dafür das ich es gut finde, läuft es ganz schön schleppend. gestern vormittag li. getroffen. die ganz viel redet und dabei positive dinge sagt über all das, was sie anderes machen möchte, neu machen möchte, überhaupt machen möchte. es sind irgendwie ganz leichte stunden und es geht viel um architektur und ich merke, ich müsste auch mal wieder mehr lesen. und mehr denken. und am ende umarmt sie mich und sagt, dass ich mir ab jetzt mehr gönnen und gutes tun soll, es kommen jetzt so schwere tage. abends nach givatajim, um ein bier mit deutschen menschen zu trinken und irgendwann einfach aufgestanden und gegangen. weil sie männer waren und laut und ich keinen bock mehr hatte, publikum zu sein mit fragerecht. heute abend durch florentin gelaufen und dann schnell gemerkt, wie es wieder ausgehviertel ist, wie laut und dass ich es dann doch nicht so gern mag wie ich im sommer dachte. das casaba ist geschlossen und das bata vegrega, wobei ich bei letzterem noch hoffen möchte, dass es zurückkommt, wenn endlich diese baustelle vorbei ist. oder wenn ein anderes wunder geschieht. ich müsste mir mal wieder neue orte suchen, die ich mag. aber mir fehlt die energie und alles ist so teuer, dass das mit dem treibenlassen durch neue räume auch nicht einfach so geht. viele orte sind weiter sehr leer, aber bei einem neuen sushi laden in der florentin st. stehen menschen in dreierreihen meterlang bis zur nächsten straßenecke. und das ist so strange und nicht der gesamtseituation nahe, dass ich stehenbleibe und den laden google, während ich vor ihm stehe, ohne dass das internet mir den hype verrät. mit dem gutes tun angefangen und äthiopisch essen gewesen. und gedacht, wenn es nicht mehr kostet, ist es dann jetzt weniger essen und weniger gut oder es kostet mehr, ist trotzdem weniger und weniger gut. irgendwie bin ich da und doch nicht so richtig. irgendwie ist es so normal und selbstverständlich und gewöhnlich, dass es dadurch schon wieder irgendwie surreal ist, das hiersein. meine tage sind voll mit sozialen dingen und trotzdem schaffe ich es zwischendurch, zu arbeiten und zu schreiben. wenn ich zeit habe, beobachte ich mich etwas irritiert. ich mag zu wohnen, wo ich wohne. und die wohnung ist sehr schnell meine. die leute im komplex sind sehr nett. sehr jung zum teil und ich bin unsicher, ob sie erwarten, dass ich mehr mit ihnen spreche. aber ich finde mich irgendwie nicht rein. ein bisschen wegen alter, sehr viel wegen situation. bei zwei kundgebungen von shift 101 gewesen, beide neben der amerikanischen botschaft nur auf jeweils verschiedenen seiten. es ist krass, wie still so viele menschen sein können drei stunden lang. die immer nur unterbrochen werden von kurzen beiträgen weiblicher angehöriger von geiseln, von freigelassenen, von bald freizulassenden, von niemand-weiß-wann-freikommenden und dabei von denen, bei denen wir auf eine lebende rückkehr hoffen und von denen wir schon wissen, dass sie tot sind. ich verstehe nichts und muss manchmal trotzdem weinen, weil die traurigkeit und die stärke der frauen das mit mir macht. wie krass frauen sind, gedacht und dann gesagt und da. antwortet, dass männer sich von diesem schmerz fernhalten. ich schreibe an. und frage sie, warum wir noch nicht die welt regieren. bisher keine antwort. samstag abend mit entsetzen festgestellt, auf einer demo zu sein, mit bannern und plakaten, die trump danken. wie irre auch das ist. und wie merkwürdig es sich anfühlt, dass ich trotzdem wieder hingehen werden. darüber geht es im übrigen nicht zu sprechen hier, es mehrmals versucht, aber dass die freilassung der geiseln allein im zu verdanken ist, macht alles andere unwichtig. so scheint es zumindest.

Arbel Yehoud, Gadi Moses und Agam Berger kamen am donnerstag frei. während letztgenannte wie die anderen vier soldatinnen sich auf einer bühne vorführen lassen musste, wurden die beiden erstgenannten minutenlang durch ein dichtgedrängtes meer von terroristen geführt. manchmal, konnte man sie kaum sehen und bereits das starren auf den bildschirm war unerträglich. ich dachte ewige minuten lang nicht, dass sie da lebend rauskommen werden. dass alle da zugucken. das hamas das darf. dass israel auch mit dem versuch, es zu unterbinden, allein ist. wofür halten alle anderen ländern und organisationen das? folklore? eine eigenheit der einheimischen, die irgendwie bedrohlich, aber letztlich auch drollig ist. hamas hatte kurz vorher noch ein video veröffentlicht, in dem das wiedersehen von Arbel Yehoud und Gadi Moses zu sehen war, Arbel hat den großteil der mehr als 480 tage allein und ohne kontakt zu einer anderen geisel verbringen müssen. wie die situation von ihrem freund Ariel Cunio ist, ist nicht bekannt. er steht nicht auf der liste der ersten phase. ebenfalls am donnerstag vormittag höre ich einen journalisten sagen, dass die geiseln bei ihrer freilassung bzw. übergabe an das rote kreuz in die gleiche situation gezwungen werden, in der sie bei ihrer verschleppung nach gaza waren: umgeben von einem gewalttätigen, siegestaumelnden, hasserfüllten, feiernden mob, der keine gelegnheit auslässt, sie zu quälen. was für ängste sie haben müssen. bis zum schluss. schon ab samstag morgen kommen dann Yarden Bibas, Ofer Kalderon und Keith Siegel nach israel zurück. nach wie vor wissen wir nicht, was mit Shiri, Ariel und Kfir ist, die Angehörigen schreiben und sprechen viel und immer wieder über ihre situation und ängste, es gibt noch einmal mehr bilder von ihnen im städtischen und im virtuellen raum. es hat etwas flehendes. und während ich das alles wieder und wieder teile, komme ich mir vor, als würde ich versuchen, die kommenden nachrichten zu bannen und in meinem kopf muss ich das immer weiter und immer schneller machen, weil sie immer näher kommen, die gewissheiten.

wir hören viele geschichte von widerständischem verhalten, besonders von Agam Berger, Daniella Gilboa, Karina Ariev, Naama Levy und Liri Albag. sie sind wahnsinnig präsent. Liri Albag hat heute geburtstag. wie anders sich das über jemandenn schreibt, die in freiheit ist.und es gibt wieder mehr geschichten vom 7. oktober, weil mit jeder freigelassenen person auch die geschichte ihrer entführung noch einmal erzählt wird, die geschichte des ortes, von dem sie entführt wurde und die geschichten derjenigen angehörigen und freund:innen, die ermordet oder auch entführt wurden. und es gibt immer mehr informationen zu den bedingungen der gefangenschaft, von käfigen, tunneln und wohnungen, von keinem essen, unzureichender hygiene, keiner medizinischen versorgung ebenso wie von operationen ohne narkose, von folter, von verboten, zu weinen oder sich an den händen zu halten. von ängsten, von den dingen, die die täter sagten und von denen, die sie ihnen nicht sagten, von zwangsarbeit, aber auch von strategien zum überleben. und diejenigen, die im november 2023 rausgelassen wurden, erzählen nun die geschichten, wie sie sich von den menschen, die sie lieben, verabschieden mussten. es ist so viel. und es wird noch so viel viel kommen. es ist ein langer weg, heißt es immer wieder. auch das klingt wie eine beschwörung. freigelassen wurden am vergangenen donnerstag auch fünf thailändische männer, Pongsak Thenna, Sathian Suwannakham, Watchara Sriaoun, Bannawat Seathao und Surasak Lamnau. ihre familien kamen jetzt nach israel, um sie zu begrüßen. man weiß bisher nicht so viel zu den bedingungen ihrer gefangenschaft oder darüber, wie es ihnen jetzt geht.

freigelassen in den nächsten wochen werden noch: Ohad Ben Ami, Ariel Bibas, Kfir Bibas, Shiri Bibas, Eliya Cohen, Sagui Dekel Chen, Itzhak Elgarat, Yair Horn, Tsachi Idan, Or Levy, Oded Lifshitz, Shlomo Mantzur, Eli Sharabi, Omer Shem Tov, Tal Shoham, Alexandre Sasha Troufanov, Omer Wenkert, Ohad Yahalomi, Avraham (Avera) Mengisto und Hisham Al-Sayed.

trump hält an seinem plan fest, die menschen aus gaza in andere länder umzusiedeln. bisher gibt es aber keine anderen länder, die sie aufnehmen wollen und das alles klingt so irre, dass es vermutlich wahr wird. japan hat angeboten, verletzte zivilist:innen aus gaza in seinen krankenhäusern zu behandeln. warum, ist mir unklar. aber begründungen und logisches handeln sind irgendwie vorbei. als teil des deals durften verletzte hamas angehörige mit ihren familien nach ägypten, um sich behandeln zulassen. für zivilist:innen und die in denn vergangenen monaten gern vor die kamera gezogenen kinder wurden keine derartigen vereinbarungen getroffen. naja, wen stören diese verlogenheiten noch. kleine lustige geschichte: dutzende palästinenser, die im zuge des deals freigelassen und nach ägypten gebracht wurden, dürfen dort ein hotel nicht verlassen und sitzen rum in ihrer vomaligen gefängniskleidung.

in australien gibt es weiter antisemitsiche anschläge und schmierereien, in berlin eine demo, bei der teilnehmende, die eine waffen haben, aufgefordert werden, juden:jüdinnen zu erschießen, in rom wurde ein 8jähriger, der eine kippa trug, von einem mann verprügelt, der zudem die mutter des jungen und einen helfer mit einer zerbrochenen flasche bedrohte. wie alles, sind auch dies nur ausschnitte.

idee für ein tattoo und kontakt zu der person, die es machen soll.

20250130, abends

hamas hat vor einigen stunden übermittelt, dass die dritte geisel, die morgen frei kommen soll, Gadi Moshe Mozes ist. er war am 7. oktober aus Kibbutz Nir Oz entführt worden, seine lebensgefährtin Efrat Katz wurde getötet, vermutlich versehentlich durch idf soldaten, ihre tochter Doron und deren zwei kinder, Raz and Aviv Asher, die zu diesem zeitpunkt 5 und 2 jahre alt waren, wurden ebenfalls von palästinensern verschleppt und erst ende november 2023 im rahmen des ersten abkommens freigelassen. Gadi Moshe Mozes ist in der gewalt des palestinian islamic jihad, ein letztes lebenszeichen gibt es durch ein von den terroristen im dezember 2023 veröffentlichtes propagandavideo. in diesem war auch Elad Katzir zu sehen, der später ermordet wurde und dessen leiche die idf im april 2024 nach israel bringen konnte. Gadi Moshe Mozes und Arbel Yehud besitzen jeweils auch einen deutschen pass. freikommen sollen morgen zudem fünf männer mit thailändischer staatsbürgerschaft. 31 hatten die terroristen am 7. oktober entführt, acht sind noch gefangen: Surasak Lamnau, Pingsa Nattapong, Bannawat Seathao, Sathian Suwankam, Sriaoun Watchara, Pongsak Tanna, Sudthisak Rinthalak und Sonthaya Oakkharasr. von den beiden letztgenannten ist bekannt, dass sie tot sind. am samstag sollen drei weitere geiseln freikommen, die namen hat hamas noch nicht übergeben. aber israel versucht nun druck aufzubauen, damit die organisation etwas zur situation der bibas familie sagt. wir warten. alle warten. ich weiß nicht, ob man das so sagen darf. und ich weiß immer noch nicht, wann “wir” anfängt und warum. aber so oder so es gibt einen raum in mir, der allein dafür bestimmt ist. für das warten. und manchmal, oft eigentlich, zieht dann dieses warten durch meinen körper und übernimmt alles. und das krasse ist, dass es wirklich auch in mir etwas gibt, das daran festhält, dass sie noch leben, dass diese kinder und ihre eltern, deren bilder, deren anblick und deren geschichten so vertraut sind, dass sie noch leben. ich weiß nicht, was für ein wunder es sein soll, dass dies ermöglichen würde, aber ich merke auch, wie ich es nicht anders denken kann, bis wir es wissen. und ich weiß, dass das gegen etwas steht, dass ich von mir selbst und dabei immer behaupten würde.

mit e. durch die wüste gefahren. immer liebe beim durch die wüste fahren. und immer austicken, beim kamele sehen. komischer reflex. aber ich ticke ja auch immer noch aus, wenn ich sehe, wie orangen und zitronen an bäumen in meiner nachbarschaft wachsen. jerocham besucht, dimona, in der gegend von zikim nicht weit gekommen, aschkelon und aschdod. viel nur vom auto. immer wieder auch gemerkt, dass e. dann doch einfach fast 81 ist. und irgendwann versagt mir das innere gedulden, beim zuhören von ihrem permanenten sprechen, das mich selbst in den wenigen momenten, in denen ich überhaupt etwas sage, immer und immer wieder unterbricht und ausblendet. das jeden meiner sätze für die erzählung eigener geschichte nutzt. war mir irgendwann nicht mehr sicher, ob sie mich überhaupt mag oder ich mich nur als publikum eigene. aber dann sagt sie, dass ihr sohn mich zum shabbatessen einlädt und als ich mich freue, antwortet sie, dass das doch klar sei, weil ich dazugehöre. beziehungen sind kompliziert, und ich merke, wie ich bewusstsein für sie habe, aber mich nicht in ihnen auskenne. und das sage ich auch, weil y. mich gerade doof findet und ich darüber nur lachen kann, weil albern und weil der vater von idit tgestorben ist und ich irgendwann ihre telefonnummer gelöscht habe und ihr jetzt nicht sagen kann, wie leid mir das tut, weil wegen sehr mögen und weil sein newsletter der beste war. aber ich habe endlich zwei kurze sequenzen gefilmt, wie ich sie mir denke. klarere vorstellungen entwickelt, was ich brauche, um das zu tun, was ich bekommen will. aber nur sehr unklare vorstellungen, wie ich es bekommen kann. bin alle durchgegangen, die ich mit einem auto kenne, aber die situation wäre ähnlich wie mit e. niemand kann an diesen orten nur anwesend sein. j.s vorschlag von einem taxi ist gut, aber (a) jeder involviert sich hier sofort und (b) müsste ich das anders vorbereiten und bezahlen. aber sowieso muss ich es anders vorbereiten als ich dachte. und davon muss ich vielleicht erst einmal trennen, wie ich es bekomme. vielleicht so.

das reisen mit e. hat es mit sich gebracht, dass ich nun mehr als vorher weiß, dass jeder immer irgendwie über den 7. oktober spricht. die menschen an den nachbartischen in beer sheva und in aschkelon und die museumswärter in beer sheva. ich kann mich nicht entscheiden, ob es nicht vielleicht auch gut ist, dass ich so dinge immer auch noch ausblenden kann.

wir durchfahren die landschaften. und ich weiß so viel, dass ich immer auch weiß, bis wohin sie kamen am 7. oktober. und nur in meinem kopf macht das landschaften anders. als wir hinter aschkelon sind, denke ich plötzlich: hier waren sie nicht mehr. ich erinnere mich, wie ich mit al. für meine diplomarbeit duch brandenburg und mecklenburg-vorpommern gefahren bin und in diesen wäldern und feldern immer die kolonnen der todesmärsche gesehen habe. wie sich schwarz-weiß-bilder über gegenden legten. jetzt sind es videos in farbe und es gibt gebrüll und hohn in arabisch und fliehende menschen und gewalt und das alles legt sich trotzdem über gegenden. ich weiß, ich steigere mich zu sehr rein. aber vielleicht auch nicht, weil erklären kann ich problemlos, wie wissen um ereignisse landschaften und orte verändert.

Amit Soussana spricht davon, dass Liri Albag ihr leben gerettet hat, als hamas-männer sie gefoltert haben. und sie spricht dann auch noch sehr detailiiert über die folter selbst. ich zwinge mich, ihr zuzuhören, weil es soll immer gelten, dass, wenn sie es schaffen, darüber zu reden, muss ich es hinkriegen, ihnen zuzuhören. aber ich denke auch, was noch alles ausgesprochen werden muss, was erst ausgesprochen werden kann, wenn mehr geiseln freikommen. wie das eben auch räume öffnet, erlebtes zu erzählen. wir werden viel aushalten müssen. wobei ‘wir’, naja, diejenigen außerhalb israels / jüdischer gemeinschaften sind, die es überhaupt für relevant halten. was ich mich aber weigere, ist zu viel darüber zu lesen, wer da freigelassen wird im gegenzug. ich habe gemerkt, das macht, dass ich den deal in frage stelle. und es macht mir angst und mich wütend. weil das sollte eigentlich nicht so sein und ich kann einfach nicht verstehen, warum es so ist. warum diese verbrecher freikommen. es ist nicht erträglich. wirklich nicht. Lili Albag sagt, ‘There are 2 million terrorists in Gaza’. ich lese von Emily Damari freundin Orel, und dass entschieden worden war, dass sie nach der entführung durch hamas öffentlich nur ‘ihre beste freundin’ sein durfte, weil es die angst gab, die terroristen würden Emily noch mehr quälen, wenn sie wüssten, dass sie lesbisch ist.

erst jetzt wurde bekannt, dass die polizei von new south wales / australien bereits vor neun tagen einen wohnwagen mit sprengstoff, sogenanntem powergel, fand, das für den anschlag auf eine synagoge in sydney vorgesehen waren. männer wurden festgenommen. vieles ist noch unklar. und sowieso wtf wird zum täglichen gedanken. in deutschland gedenkt man im bundestag erst dem 80. jahrestag der befreiung von auschwitz, dann stimmen die cdu gemeinsam mit der afd und der fdp für einen von merz eingebrachten ‘entschließungsantrag’ zur begrenzung von migration. und es gibt eine ganze neue art von angst, merke ich. k. ist in porto und ich musste ihm heute schreiben, wie sehr ich ihn vermisse.

20250127, abends in beer sheva

am samstag sind Liri Albag, Naama Levy, Karina Ariev und Daniella Gilboa von hamas freigelassen wurden. wieder als spektakel und wieder als machtdemonstration. aber sie sind zurück und alle vier konnten selbständig laufen. sie waren von der militärbasis in nahal oz entführt worden, in ihren schlafanzügen. die videoaufnahmen der palästinenser vom 7. oktober, später erzwungene videostatemants aus der gefangenschaft prägten sehr meine bildwelt von den massakern der terroristen. über Daniella Gilboa hieß es irgendwann, sie sei tot. mindestens bei Naama Levy weiß man, dass sie eine zeitlang als sklavin gehalten wurde, beim tagesspiegel heißt es dazu, sie und Noa Argamani seien “zur Hausarbeit gezwungen worden”. überhaupt scheint man in deutschen medien immer noch nicht so richtig verstanden zu haben, was da passiert, so heißt es sowohl im tagesspiegel als auch bei tagesschau.de dazu, dass die vier frauen von hamas auf eine bühne zur schau gestellt wurden, dass es “unklar” sei, “[o]b die Frauen aus freien Stücken oder unter Drohungen handelten”. weil die freilassung schon in den mittagsstunden war und das noch an shabbat, habe ich es mir im fernsehen angesehen und das war auch gut, weil es mich so gestresst hat, dass ich mich übergeben musste. eine fünfte soldatin, Agam Berger, blieb in hamas-gefangenschaft und auch Arbel Yehoud, eine bewohnerin des kibbutz Nir Oz sollte eigentlich in dieser zweiten etappe freigelassen werden. weil dies ein weiterer verstoß gegen das abkommen war, weigerte sich israel, die bewohner:innen gazas in den norden ziehen zu lassen. nun sollen Agam Berger, Arbel Yehoud und eine dritte, namentlich noch nicht genannte geisel, am donnerstag freikommen. der islamic jihad veröffentlichte heute noch ein video von Arbel Yehoud, das nahe legt, das sie zumindest vor zwei tagen noch am leben war. zudem hat heute hamas bekannt gegeben, dass acht der 26 geiseln, die in der ersten phase des abkommens nach israel zurück können, bereits tot sind. es heißt in der berichterstattung, hamas habe nur die zahl genannt. zugleich aber auch, dass familien informiert wurden. aber bisher werden öffentlich keine namen genannt. und jonny daniels schreibt auf instagram immer wieder, dass man öffentlich nicht spekulieren soll. und eigentlich auch nicht nicht-öffentlich, im kopf. und ich lese das immer wieder und versuche, mich daran festzuhalten. weil, naja, es stimmt. und weil, naja, es für die familien richtig so ist, nicht mit gerüchten konfrontiert zu sein. die angehörigen der bibas-familie haben mehrere so schmerzhafte statemants veröffentlicht in den letzten 72 stunden. schon das lesen zerreisst mich. und man kann nicht sicher sein, bis man sicher sein kann. vor angst und stress und gedanken letzte nacht eigentlich nicht geschlafen. und heute morgen mit ed. in den süden gefahren. sderot, car memorial und nova gedenkstätte. meine idee geht nicht überhaupt auf, was aber vielleicht eher an der umsetzung liegt als an der idee. ich weiß nur nicht, wie ich es besser machen könnte. habe aber den verdacht, ich muss es mehr alleine machen. diese abhängigkeit und diese anwesenheit einer anderen person entziehen mir die aufmerksamkeit für den ort und für das einlassen. und es ist nicht einfach, mit jemandem zu sein, die zum ersten mal da ist. ich habe trotzdem heute gemerkt, wie sich bilder und eindrücke und schmerz zu gedanken entwickeln. wie sich mein blick verändert. trotzdem geweint. trotzdem überfordert gewesen. aber das durchfahren der landschaft mit dem auto hat nochmal das bewusstsein für den raum verändert, dafür wie weit die terroristen in dem land waren, wie viel raum sie sich genommen haben. ofakim ist einfach mal 30 kilometer von der grenze entfernt und nur 15 kilometer vor der stadtgrenze von beer sheva. da sind wir gerade, in einem kleinen apartment in der altstadt. sehr schönes kleines cafe zum abendessen besucht. und überaupt heute immer wieder sehr nette, sehr freundliche menschen getroffen.

ich würde gern mehr schreiben. weil mein kopf noch voller ist mit gedanken und mein körper noch geprägter von schmerz. aber ich kann nicht. mir fehlen die worte oder vielleicht bin ich nur zu müde und kraftlos, um mich so zu ordnen, dass es aufzuschreiben geht. überhaupt denke ich oft, dass alle worte schon verbraucht sind für das grauen und die zustände und die emotionen und die einsamkeiten und die ängste seit dem 7.oktober und dass man die worte jetzt steigern könnten müsste und um sich verständlich zu machen darin, dass sich das grauen und die zustände und die emotionen und die einsamkeiten und die ängste nicht nur als normalität eingenistet haben, die realität sind, sondern es immer noch weiter geht.

trump möchte gern, dass die bewohner:innen gazas nach jordanien und ägypten ziehen. er lässt massenhaft menschen aus den usa abschieben. und menschen die keine der beiden geschlechtsidentitäten für sich wählen, können keine reisepässe mehr bekommen. und in texas will eine lobby-gruppe männer dazu bringen, beweise zu sammeln, dass/wenn ihre frauen abgetrieben haben. und das sind nur dinge, die mir auf die schnelle und ohne weiteren nachrichten-konsum einfallen. und in irland nutzte der präsident des landes, michael higgins, eine veranstaltung anlässlich des internationalen holocaust-gedenktags, der dieses jahr gleichzeitig der 80. jahrestag der befreiung von auschwitz ist, seine rede für attacken gegen israel. im raum waren überlebende anwesen und juden:jüdinnen, die ihren unmut über diese äußerungen kundtaten, wurden von der polizei aus dem saal gebracht.

20250123, abends

jemand erzählt mir eine geschichte über eine geisel und sie ist so verstörend, dass ich quasi sofort aufhöre, noch irgend etwas anderes zu fühlen. immer wieder sind dinge angesprochen worden. immer wieder hieß es, worauf man sich vorbereiten muss. und jetzt merke ich, dass es gar keine vorbereitung geben kann. dass die dinge erst real sind, wenn man weiß, dass sie tatsächlich passiert sind. und nicht, wenn jemand sagt, dass sie passiert sein könnten oder werden und dass man sich darauf vorbereiten soll. und dass man die wucht, nicht abfedern kann, nicht aufhalten, nicht abschwächen, nicht vor-denken, nicht weniger aushalten. stunden vorher hieß es, dass morgen nicht nur die namen der vier geiseln bekannt gegeben werden, die am samstag frei kommen werden, sondern hamas auch eine liste darüber veröffentlichen wird, wer von den geiseln noch lebt, und wer nicht. jetzt heißt es, dass hamas nur eine zahl sagen wird, wie viele geiseln noch leben. und dass das am samstag passiert. es ist zum zerrreisen. im kopf und im körper. und es ist, als wäre der moment, als Romi Gonen, Emily Damari und Doron Steinbrecher frei kamen, eben nur ein moment war, zum kurz atmen, zum euphorisch sein. aber das war nicht die realität, die mich und uns und irgendjemanden erwartet. jemand sagt bei instagram, dass für die familien und freund:innen das alles noch viel schlimmer ist und dass wir anderen deshalb stark sein müssen. und das stimmt. aber es ist auch schwer, das eigene immer nur in relation zu den anderen zu sehen. m. fragte mich heute, ob sie mitkommen kann mit mir am samstag zum hostage square und ich bin überrascht, weil sie sich seit monaten von all diesen dingen fernhält und wir kaum darüber sprechen. und heute sehr lange. wie sich alles immer wieder verschiebt, aufweitet, verengt, anderes ist. Emily Damari ist sehr präsent und das erzeugt immer wieder kurz den eindruck, dass sie okay ist, dass sie mit all dem umgehen kann oder können wird. s. sagt, sie macht sich große sorgen um Doron Steinbrecher, weil sie die ganze zeit allein gewesen sein soll. ich merke immer wieder, wie viel wir von vielen wissen. wie viele bilder wir kennen. wie viele geschichten. wie merkwürdig persönlich es sogar für mich ist, die niemanden persönlich kennt. aber wie sich das eigene empfinden, das sorgen-machen, das verbunden sein, mit vielen hergestellt hat. wie wenig es abstrakt ist, auch wenn distanz bleibt, natürlich. viel distanz. ed. fragte mich nach den klebezetteln mit zahlen auf meinem computer und ich erzähle ihr, dass ich die ersten hatte, als ich in jerusalem beim hostage tent zu volontieren begann und dann wurden es mehr, weil ich in berlin auch immer mal welche getragen habe und nie wusste, was ich danach mit ihnen machen soll. und dass ich jetzt nicht weiß, wann ich sie abziehen soll. weil es irgendwie merkwürdig ist, sie zu behalten. aber das ich sie jetzt nicht einfach alle runternehmen und wegschmeißen kann und sie sagt, das soll ich dann machen, wenn alle geiseln raus sind. und ich sage ja und jetzt müssen sie wirklich bleiben.

ich arbeite weniger als ich wollte. aber ich schlafe okay, bisher jedenfalls. kaffee kostet jetzt mindestens 16 shekel. so lange ich mich erinnern kann, kostete kaffee zwischen 10 und 12 shekel. das ist also anders. daneben ist der umtauschkurs so schlecht, dass mir ganz schwindelig ist. ich versuche, noch weniger geld auszugeben, aber es ist kaum möglich und ich mache mir ein bisschen sorgen, dass das wird schon gehen irgendwie doch auch grenzen haben kann. hätte gern ein date. oder besser, hätte gern ein bisschen zuwendung und eine umarmung. habe mich wieder bei einer dating app angemeldet. aber den verdacht, dass mir die kraft nicht reichen wird, erst eine situation herzustellen, in der ich ein bisschen zuwendung und eine umarmung bekomme und aushalten kann.

ich habe sehr viel angst vor den tagen die kommen und vor den dingen, die wir hören und sehen und zu unserer realität machen werden müssen. aber ich sage zu allen die es hören wollen, dass ich froh bin, hier zu sein und nicht allein mit all dem in berlin.

20250119, abends

Romi Gonen, Emily Damari, Doron Steinbrecher sind zurück in israel. bis heute mittag hatte hamas die namen noch nicht weitergeben, damit gegen den deal verstoßen. dann gab es ihre namen und ab nachmittags war es möglich, bei israelischen fernsehsendern die bilder der übergabe live anzusehen. und man wusste bis man sie tatsächlich sah nicht, ob sie alle drei leben und in welcher kondition sie sind. das ist so zerreissend und beschäftigt einen dann über stunden wie nichts anderes. auf dem hostage square gab es eine übertragung. es waren bilder arabischer sender, bilder voll mit hasserfüllten männern (und einigen wenigen frauen) und erschreckend vielen aggressiven, siegesgewissen hamas-kämpfern. ich denke mehr als einmal, dass sich auf der ebene eigentlich nichts geändert hat seit november 2023. und ich denke mit viel wut noch einige andere dinge und flüche und dabei auch, wie das eigentlich sein kann, dass es diese art von deal gibt, diese art von bildern, diese art von ohnmacht. alle drei können selbständig laufen und es gibt nun wunderbare bilder von den treffen mit ihren müttern und so viel erleichterung. es gibt interviews mit angehörigen anderer geiseln, mit dem bruder von carmel gat zum beispiel, die in der ersten phase eines deals ebenfalls freigekommen wäre. es gibt immer wieder informationen zu den terroristen, die nun freikommen und zu ihren monströsen taten. es ist kaum auszuhalten. und ich bin so überwältigt und emotionalisiert und völlig fertig davon. und jemand aus deutschland schrieb mir vor ein paar stunden “endlich waffenruhe in gaza” und da sind sie wieder, die sehr unterschiedlichen realitäten. und ich bin so froh, in dieser zeit hier zu sein.

in der bibliothek hat heute ein sehr junger und sehr schöner mann mit irrierend tollen oberarmen mit mir geflirtet und ich bin jetzt jedenfalls in einem alter und/oder in einer phase meines lebens, in der ich denke: verarscht der mich?

heute morgen wurde auch bekannt gegeben, dass shin bet und idf die sterblichen überreste von Oron Shaul bergen konnte, einem soldaten, der 2014 von terroristen ermordet und nach gaza verschleppt wurde. ben gvir und otzma yehudit haben die israelische regierung verlassen.

20250118

vormittags alarm wegen einer rakete aus dem yemen. ein bisschen die situation, die ich befürchtet habe: nur in unterwäsche und ohne kontaktlinsen wusste ich nicht so richtig, wohin und vor allem wie. im kopf wahrscheinlichkeiten ausgerechnet und dann einfach im hausflur gewartet. den nachmittag mit n. verbracht, zu viel essen, spazierengehen, am strand sitzen und sehr sehr viel sprechen. am nachmittag ein terrorangriff, ein 30-jähriger mann wird in der levontin von einem 19jährigen palästinenser mit einem messer angegriffen. rund einen kilometer entfernt von meiner wohnung. in einer straße, die ich mag und gut kenne. er ist schwer verletzt im krankenhaus, aber nicht lebensgefährlich. aber eigentlich ist der tag bestimmt davon, dass um 16 uhr die namen der ersten drei freizulassenden geiseln bekannt werden sollen. aber es passiert nicht und auch in den kommenden stunden nicht. und jetzt, nach 10 uhr abends, immer noch nicht. nethanjahu droht, trump droht und der islamic jihad kündigt an, geiseln umzubringen, falls israel seine einsätze vor der waffenruhe noch einmal verstärkt. dieses warten zieht meinen körper in alle richtungen und es bestimmt meine aufmerksamkeiten und macht dabei eigentlich nur leere im kopf und nicht-denken-können. abends auf die kundgebung für die geiseln gegangen. auch das ist nun einfach nur noch die wiederholung von vielen anderen malen. kfir bibas hat seinen zweiten geburtstag. Amit Soussana spricht davon, dass sie als geisel im november 2023 im fernsehen zusehen konnte, wie geiseln freikam und nicht wusste, ob sie selbst freigelassen werden wird und wann und dass sie keinen moment dachte, dass nun wieder nicht alle rauskommen werden. und Ofri Bibas Levi spricht, die schwester von Yarden Bibas. für die 33 geiseln werden unter anderem 1.904 palästinenser:innen aus israelischen gefängnissen entlassen.

das ergebnis einer studie der Anti-Defamation League zufolge vertreten 46 prozent der erwachsenen weltweit antisemitische ansichten. ein fünftel der befragten gab zudem an, noch nie vom holocaust gehört zu haben, nur 48 prozent erkennen die genauigkeit der historischen aussagen an. in london stören pro-hamas-demonstrant;innen eine veranstaltung zum 2. geburtstag von kfir bibas. ebenfalls in london gibt es seit mehr als einem jahr jeden samstag eine demonstration der palestine solidarity campaign , die mit antisemitischen schildern und bannern nahe des BBC broadcasting house beginnt und zur Central Synagogue führt. erst jetzt erließ die polizei auflagen, die die demonstrant:innen von der synagoge fern halten sollten; mit mäßigem erfolg.