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20240724, nachts

gestern hat mich jemand gefragt, was der 7.oktober für mich bedeutet, warum ich davon spreche, dass dies ein/der (who knows) bruch in meinem leben ist. ich habe immer darauf gewartet, dass das mal jemand fragt, das meine perspektive mal ein thema ist, und dann passiert es und ich habe sofort gemerkt, dass ich überfordert bin, ob all der gedanken in meinem kopf gar nicht weiß, wie ich darauf antworten soll. wir sprechen nicht darüber. hier in deutschland mit den menschen, die mich umgeben, gibt es ein stillschweigendes wissen, wie es mir und uns geht. und grundsätzlich gibt es aber darüber hnaus keine annahme, keinen raum in dem nichtjüdische, radikale gegenwarten eine rolle spielen, betroffenheiten jenseits eines jüdischseins. was ist mit menschen, die zerbrechen an der situation, an dem angriff und seinen folgen, an antisemitischen gegenwarten?

ich wäre gern jemand, die jeden abend hier etwas schreibt, statt mich zuzudröhnen mit alkohol oder mit unsinn im internet. das wäre auch gut, weil so viel passiert, dass ich in den zusammenfassungen nur einen bruchteil erfasse. gegenwart abbilden. gerade duch neukölln gelaufen, entlang von antisemitisch besetzen und markierten räumen und gedacht, dass es mich doch immer aufrecht gehalten hat, wissenschaft zu machen, zu analysieren, beobachtungen zu sammeln und daraus erkenntnisse zu machen und dass es sein mehr als 9 monaten nicht funktioniert. ich kann nicht mehr denken in all dem. obwohl ich doch alles (oder vieles) mitbringe, um es zu können.

am montag wurde bekannt, dass Yagev Buchshtab und Alex Dancyg in Hamas-Gefangenschaft gestorben sind; die Umstände sind noch unklar und ich glaube, ihre körper nach wie vor in gaza. einen tag davor war der 76. geburtstag von Alex Dancyg und so viele posts mit dem wunsch nach seiner rückkehr. noch zwei tage davor ist eine drohne der houthis in tel aviv runtergekommen. ein mann ist gestorben und es gab mehrere verletzte. der name des toten ist nicht bekannt gegeben worden, sehr unüblich und das macht komischerweise noch mehr verunsicherung. irritierenderweise bin ich nachts wach geworden, mit dem gefühl, dass etwas passiert ist. aber das sage ich niemandem, weil es zu creepy ist.

in paris begann die olympiade und es gibt so viel hass gegen die israelischen teilnehmer:innen. so verstörend, wie dies teil von nun allen events geworden ist.

vor ein paar nächten chr. gesehen, überraschend, vorm baijzel. nach mehr als acht jahren. er zog es vor, mich zu ignorieren und ich bin wütend, wie er in ‘meine räume’ eindringt und plötzlich wieder auftaucht. aber auch, und nur heimlich, überschwemmt mich eine sehnsucht nach intensität und exzess und der heimat, die sich damit verbindet. ich weiß, ich muss ihn verachten und verabscheuen ob seines verhaltens, aber ich vermisse ihn dann doch einfach auch und dafür ist im verachten und verabscheuen müssen irgendwie nie platz.

als der post eigentlich schon abgeschickt war, lese ich, dass die idf die leiche von Oren Goldin gefunden hat, der als bereitschaftspolizist von Kibbutz Nir Yitzhak bereits am 7.oktober von palästinensern ermordet und anschließend nach gaza verschleppt worden war.

ich kann ganz einfach existieren und meine dinge zusammenhalten (manchmal), aber ganz ehrlich, es freakt mich aus wie nichts, dass diese ganzen irren hier hamas und ihre verbrechen abfeiern.

20240715, nachmittags

wir gehen jetzt auf veranstaltungen, für die man sich via email anmelden muss, um dann 48h vorher den ort zu erfahren, an dem sie stattfinden. nach sechs monaten hat es endlich jemand geschafft, die antisemitischen schmiererein am hauseingang zu entfernen. in frankreich sollen in den tagen nach dem sieg der linken mehr als 2.000 jüdische familien einen antrag auf aliya gestellt haben, der 2021 von der spanischen punk/hardcore band unite veröffentlichte song LGBT (Let’s Go Bomb Tel Aviv) ist nach wie vor auf musikplattformen und live gespielt zu hören, die familie von Daniella Gilboa, die seit dem 7.oktober in der gewalt von hamas ist, hat ein video veröffentlicht, das die terroristen bereits im januar gefilmt hatten, Nimrod Cohen wird heute 20 jahre alt, es ird wieder einmal über einen deal verhandelt, manchmal scheint es hoffnung zu geben, aber wer kann ihr noch trauen, sowieso.

innerhalb von 48 stunden drei geschichten von gewalt gegen frauen aus meinem umfeld gehört; über die frau, die von einem online-date unter drogen gesetzt und vergewaltigt wurde, über das mädchen, das von ihrem freund so verprügelt wurde, das sie ins krankenhaus musste und über die frau, der jemand nachts in den hauseingang folgte, um sie zu vergewaltigen.

meine zeiten trödeln so vor sich hin. englands männermannschaft ist wieder nicht europameister geworden, ich muss korrekturen überprüfen und bin verunsichert, ob der vielen fehler und uneinheitlichkeiten, die es nach wie vor in den texten gibt, überhaupt ist es schwer und anstrengend und frustrierend, dieses buch-fertig-machen. meine gesamtsituation bleibt unsicher und ich merke wie sich dieses unsicher wieder in meinem körper einschreibt.

20240707, abends

vor einer anderen wahl in großbritannien, ich glaube noch vor dem brexit, hingen die hoffnungen guter deutscher menschen schon einmal an einem wahlerfolg für labour. jeremy corbyn war noch ihr vorsitzender und damit eben anwärter auf das amt des premierminsters und an seinem antisemitismus bestand bereits kein zweifel mehr. dies führte zu einer der wenigen diskussionen auf twitter, in die ich mich selbst involvierte, um den hoffenden zu sagen, dass sie sich für einen antisemiten einsetzen und eine party, die, vorsichtig ausgedrückt, einen problematischen umgang mit seinem antisemitismus und dem anderer mitglieder pflegt. mir wurde daraufhin geschrieben, dass das eben so sei und nicht so wichtig in anbetracht der anderen politischen probleme. ich weiß nicht, ob es das erste mal war, dass es mir für die gegenwart so deutlich wurde, dass die guten deutschen am ende eben doch bereit sind, juden:jüdinnen und ihre ängste einfach zu opfern für die anderen politischen probleme. jedenfalls denke ich daran in den letzten tagen immer wieder mit blick auf die wahl in frankreich und auch sonst. juden:jüdinnen taugen hier wirklich nur als projektion in einem erinnerungsdiskurs, an dem sie sich bestenfalls beteiligen dürfen, wenn sie sich im sinn der sprechenden akteur:innen involvieren. Moshe Sebbag, oberrabbiner der großen synagoge in paris, rät allen (jungen) juden:jüdinnen, frankreich zu verlassen, da es dort keine zukunft für sie gibt.

y. schreibt, dass sie im museum in sydney briefe mit weißem giftigen pulver bekommen und am donnerstag morgen meiner zeit lese ich, dass auf dem dach des parlaments in canberra eine gruppe vermummter pro-palästina-aktivist:innen transparente zur auslöschung israels entrollt. es war eine woche mit drei guten veranstaltungen (ingo elbe, u.a. david hirsh, philip spencer) und damit auch ein bisschen gegen die (intellektuelle) einsamkeit. lar. schreibt mir, dass es überhaupt auf öffentlichen podien um die eigene einsamkeit geht, hätte er sich vor dem 7.oktober auch nicht vorstellen können. als david hirsh am donnerstag abend einige bilder und szenen des 7.oktobers ins gedächtnis zurückbringt, musste ich weinen und feststellen, dass dieser schneidende schmerz in meinem alltag in den hintergrund getreten ist und einer art lähmenden schmerz, einer taubheit gewichen ist, aber ersterer dann doch immer wieder zu reaktivieren ist. ganz leicht geht das. hatte ich nur vergessen. und immer wieder liege ich nachts wach und muss mich zwingen, tief einzuatmen und dabei widerstände und unbeweglichkeiten zu überwinden. ich denke immer noch oder immer wieder viel an a. und daran, dass er nichts mehr schreibt. manchmal hoffe ich dann, dass er und seine freundin einfach ihre gegenwart haben und vermute, dass er dann jetzt eben doch noch ein kind bekommt. ich kann mir solche dinge in vielen bilder ausmalen. aber dann eben auch die, dass er gebrochen ist und unbeweglich und dass die drogen zurück sind und all die gespenster.

ich notiere hier mal zur sicherheit und damit es aufbewahrt ist: die sammlungen von ereignissen, die ich notiere, sind nur die, über die ich ohne mühe stolpere. hört man menschen zu, merkt man, dass es nur ein bruchteil der realität ist, ein sehr kleiner bruchteil. andere machen gute dokumentationen, ich schreibe nur auf, was mir nahe kommt.

heute sind es neun monate. ich versuche seit tagen und zunehmend panisch zu rekonstruieren, wie der 7.oktober für mich endete und die folgenden tage verliefen. alles nach dem aufstehen, dem blick auf das telefon mit den vielen alarmen, der ankunft von an. und den nachrichtensendungen verläuft ins nichts. ich weiß es nicht mehr. nichts mehr.

demonstration für die geiseln mit rund 1.000 teilnehmer:innen. das sind so viele, dass ich zum ersten mal seit 9 monaten denke: das sind viele. weil rund 900 mehr als bei den meisten anderen kundgebungen/demonstrationen.

20240702, nachmittags

ich komme mit verspätung aus hamburg zurück, ich besuche eine veranstaltung von ingo elbe, ich trinke ein bier und fahre mit der u8 nach hause. neben mir steht ein paar, junge menschen, beide einen kopf kleiner als ich, alternative hipster oder so und kommen mir immer wieder zu nahe. ich bin etwas genervt, verschiebe meine kopfhörer und merke sofort, dass sie hebräisch sprechen. ich scanne meine umgebung, versuche rauszufinden, ob die beiden arabisch sprechenden männer auf der anderen seite neben mir das auch bemerkt haben oder die gruppe aus linken und queer menschen, die auf der schräggegenüberliegenden bank sitzen. eine:r steht auf und hängt sich an die haltestange neben uns. und ich denke darüber nach, wie ich reagiere, wenn jemand die beiden angreift, beleidigt, aggressiv wird, whatever. ich weiß, wie wichtig es ist, das im inneren durchgegangen zu sein, um reagieren zu können, handeln zu können. ich steigere mich innerhalb weniger minuten hinein in situationen, die noch nicht eingetreten sind, die ich mir aber in vielen facetten unkompliziert ausmalen kann. widerstehe aber zugleich wemauchimmerseidank dem drang, den beiden zu sagen, dass ich ihnen helfen würde oder irgend einen anderen pathetischen unsinn. jedenfalls hält der zug irgendwann und sie steigen einfach aus. und ich fahre noch ein paar minuten weiter, und bleibe vor einem späti hängen, um die verlängerung und das elfmeterschießen von portugal slowenien anzusehen.

zu meinem geburtstag habe ich mir einen nachrichtenfreien tag geschenkt. den ich dann damit verbracht habe, angst zu haben, dass der krieg mit dem libanon/iran losgeht und ich es zu spät merke. war so mittelentspannend aber endete trotzdem mit einem abend im holzkohlen.

nicht wissen, wie man die frage nach dem “wie es geht” beantworten soll, gegen das permanente gefühl ankämpfen, dass man menschen mit den steten verweisen auf die geiseln, antisemitismus und bedrohungen zunehmend nervt, von zusammenkünften mit freund:innen, bei denen es mit keinem wort um diese themen geht, ausgelaugt sein, weil es so wahnsinnig krass viel kraft kostet, nicht darüber zu reden. innerhalb von fünf tagen von zwei in deutschland lebenden jüdischen müttern gehört (eine ist aus israel eingewandert, die andere aus der ukraine), die seit den wochen nach dem 7.oktober angst haben, in ihren jeweiligen städten unterwegs zu sein, die ihre wohnungen kaum noch verlassen, nicht schlafen können. mehrere menschen sagten mir, dass sie überlegen, ihre forschungsfelder zu wechseln, um weniger angreifbar zu sein und noch die chancen auf finanzierungen zu haben. ihre forschungsfelder sind holocaust studies.

mir ein ticket für ein interpol konzert im oktober gekauft und mich erschrocken vor so viel zukunftsplan.

spanien hat gestern mitgeteilt, sich der klage von südafrikas gegen israel vor dem internationalen gerichtshof anzuschließen. der oberste gerichtshof in israel entschied bereits vergangene woche, dass haredi nicht vom wehrdienst ausgeschlossen sind. endlich. in der kanadischen stadt ontario wurde ein jüdischer junge auf seinem schulweg wiederholt von anderen kindern angegriffen, erhielt unter anderem todesdrohungen und wurde mit steinen beworfen. in der kanadischen stadt north york, toronto werden steine auf die synagoge “pride of israel” geworfen und fenster zerstört. Liora Argamani, die mutter von Noa, ist gestorben. ein elal-flugzeug, dass von tel aviv nach warschau fliegen wollte, musste in der türkei notlanden, wo sich die flughafenmitarbeiter:innen weigerten, es aufzutanken. an der fu Berlin gibt es ein hamas-unterstützer:innen-camp. am flughafen heathrow wird es den mitarbeiter:innen gestattet, free-palestine button und/oder kufiya zu tragen,, weil es reisenden vermittelt, sie könnten arabisch sprechen (hä?)- irgendwie stört es kaum jemanden, dass mindestens einmal pro woche ein antisemitischer aufmarsch in berlins zentrum stattfindet. immer wieder beschwören menschen, dass die linken in frankreich doch noch gewinnen mögen, dass deren vertreter:innen antisemit:innen sind, wird nicht erwähnt. die wirkliche hauptsache, dass die rechten/rechtsextremen nicht gewinnen, steht über der konkreten situation von juden:jüdinnen und dem hass, dem sie ausgesetzt sind. dies spielt immer nur dann eine rolle, wenn es sich in das eigene narrativ guten handelns und erinnerns integrieren lässt. die unfähigkeit, die frage nach anderen lösungen anzustreben, druck aufzubauen, dass sich eine linke von ihrem antisemitismus wenigstens öffentlich distanzieren muss, sind nicht einmal in der debatte. dass serge klarsfeld gesagt hat, in der stichwahl für den rechten block zu wählen, hat ihn zu feind gemacht, weil er den rahmen der indienstnahme, den linke für überlebende zugestehen, verlassen hat. es ist zum kotzen. wir waren immer in der kleinen minderheit, sagte k. nach einer dieser winzigen kundgebungen. und ja und aber nun wird das zu einer noch viel größeren bedrohung für juden:jüdinnen als es sowieso schon war.

verlag schickt layout-vorschläge und Im not amused. muss podcastfolgen durchhören und freigeben, in denen ich über die 1990er jahre spreche und stelle fest, es ist schwieriger, sich selbst über diese zeit reden zu hören, als darüber zu reden. und das ist schon kaum machbar.

20240625, nachmittags

vor ein paar tagen habe ich ein foto in den accounts von bringthemhome gesehen, auf dem kniet Rachel Goldberg-Polin vor dem bild ihres sohnes Hersh auf dem flughafen ben gurion, ihr mann steht hinter ihr. gestern abend veröffentlichte das Hostages and Missing Families Forum ein video mit sequenzen der aufnahmen von terroristen, die Hersh Goldberg-Polin, Or Levy und Eliya Cohen im moment ihrer entführung zeigen. eine minute 45 sekunden lang. in den tagen davor dachte ich, dass es mir ein bisschen besser geht. jetzt denke ich das nicht mehr. und weil ich den verdacht habe, dass dieses besser-gehen nur geht, wenn man sich nicht mit der situation beschäftigt, wenn man sich an die geiseln nicht erinnert, will ich vielleicht dann doch lieber nicht, dass es mir besser geht. gestern abend beim öffentlichen fussballschauen gemerkt, wie alle um mich herum einfach nerven. es war fast schmerzhaft. und wie ich meinem begleiter meinen zustand nicht erklären wollte. weil ich nicht einsehen konnte, dass ich es überhaupt erklären muss. weil es mich kaputt macht, dass es nicht allen so geht. es hat mich immer verstört, dass nach dem holocaust die welt nicht gebrochen war, dass sich die normalität für alle ausser die überlebenden wieder (schnell) herstellte, wie sich in den nachfolgenden jahrzehnten eine erinnerungskultur entwickelte, die vor allem auch mit dieser normalität kompatibel war, sie nicht störte oder aufbrach oder hinterfragte, die einfach orte (er-)fand und stunden in wiederkehrenden tagen festlegte, um gedenken zu machen.

schlafe jeden tag mindestens zehn stunden. bekomme wenig in eine ordnung. noch weniger gedanken in eine sinnvolle reihenfolge. denke oft an a. und darüber nach, dass ich besser weniger an ihm gezweifelt hätte. nicht in dem sinn, dass ich mich ärgere, oder die zeit zurückdrehen möchte. aber in dem, dass ich mich frage, was eigentlich mein versagen in der situation war. was es besser machen würde, wenn ich nicht daran (ver-)zweifelte, dass jemand mich mag.

gestern wurde bekannt gegeben, dass Mohammed Alatrash bereits am 7. oktober ermordet und seine leiche dann nach gaza verschleppt wurde. er ist beduine, vater von 13 kindern und hatte als fährtensucher der idf den rang eines oberfeldwebels. am samstag war naama levy 20 jahre alt geworden. am samstag auf der kundgebung gegen den pro-hamas-aufmarsch in berlin waren zum ersten mal mehr als 100 menschen. mit li. telefoniert, die sich mit wasser eingedeckt und angst hat, dass ihr sohn, wenn er auf seine reise geht, nicht mehr zurück nach israel kann. mit si. geschrieben, die schon das gästezimmer für mich vorbereitet. endlich bilder von mi.s tochter bekommen, yo. angeboten, in meiner wohnung zu bleiben, wenn er das land verlassen möchte. ed. sagt, dass sie keine nachrichten guckt. der oberste gerichtshof entscheidet einstimmig, dass haredi eingezogen werden müssen. in los angeles versammelte sich am sonntag ein pro-palästina-mob vor der Adas Thora-Synagoge und griff über mehrere stunden die gemeindemitglieder und andere besucher:innen mit pfefferspray an, schlug und trat auf sie ein, beleidigte sie und/oder jagte sie durch die straßen. einer der täter hatte seine flaggenstange mit einer als waffe benutzbaren spitze versehen. wie viele menschen verletzt wurden, blieb bisher unklar.

20240621, nachmittags

bis dienstag nacht immer mal wieder gedacht, dass es mir besser geht und dass es vielleicht einfach doch hilft, etwas zu tun, sich zu engagieren. dann davon gelesen, dass in einem vorort von paris, courbevoie, ein 12jähriges mädchen vergewaltigt wurde; drei täter, jungs zwischen 12 und 14 Jahren, von denen einer ihr vormaliger freund war, die ihre tat filmten und das mädchen antisemitisch beleidigten und mit dem tod bedrohten. sie begründeten ihr handeln damit, dass das mädchen ihrem freund verschwiegen hatte, dass sie jüdin sei. anschließend sitze ich 1,5 stunden am rand meines bettes und kann nicht aufstehen, mich nicht bewegen, nicht wieder hinlegen. mein körper ist erstarrt, schwer und wie gelähmt, ich schaffe es nicht, tief einzuatmen. irgendwann fange ich an, bilder von 2019 auf meinem telefon anzusehen, tel aviv und von den anfängen meiner beziehung mit a. irritierenderweise hilft es mir irgendwann, wieder luft zu holen und dann aufzustehen.

Arbel Yehoud wird heute 29 jahre alt. ein spiel der israelischen nationalmannschaft gegen die belgische nationalmannschaft, das am 6. september in brüssel stattfinden soll, wird von den behörden nicht für die sicherheit der israelis garantiert werden kann. vor der FU gibt es wieder ein pro-palestine camp.

ich treffe mich mit kind II und beginne, an grenzen zu geraten. beginne an dieser mischung aus dem unwillen, sich mit der realiät und geschichte anhand von fakten zu beschäftigen bei gleichzeitiger permanenter konfrontation mit antisemitischen erzählungen in den sozialen medien, und dabei ihren freund:innen, das heißt menschen, den sie vertraut, zu verzweifeln.

20240614, nachmittags. es regnet

lasse mir jetzt nicht mehr allein von i24news die welt erklären sondern zunehmend von dem podcast call me back. vor einigen tagen ging es um die befreiung der 4 geiseln vergangenen samstag und am anfang beschrieb ein journalist u.a. von times of israel, was dies inner halb der israelischen gesellschaft bedeutet und wie es aufgenommen wurde und ich entdecke mich so sehr darin wieder, dass das gefühl von zugehörigkeit mir kurz die luft nimmt. vor einem jahr oder so hätte mich eine solche (über-) identifikation in tiefste selbstzweifel gestürzt, in dem moment bin ich nur dankbar, nicht so allein zu sein wie ich mich fühle.

gestern in mitte gewesen (irritierenderweise das dritte mal innerhalb einer woche. allein, es wird nicht schöner) und stundenlang geredet. überlegt, ob ich manchmal zu großzügig mit meinen gedanken bin und zu schnell bereit, sie auch mit fremden zu trennen. oder ob dies, wie jetzt, nicht vielleicht eine voraussetzung für neue nähen ist. In zeiten, in denen wir uns viel trennen und immer auch einen tick zu allein sind. aber auch mal wieder überlegt, dass ich das nicht kann, „professionell“ sein. ich kann nur entweder nicht oder stundenlang in einem hipster-dumplingladen sitzen und aspekte der gegenwart erörtern, inklusive und im besonderen mit meinen persönlichen befindlichkeiten, aufregungen und geschichten dabei. dann ins pro qm gegangen. In dem ich das letzte mal mit carolyn war an dem letzten tag, den wir je zusammen verbracht haben für den rest meines lebens und an dem ich im qm ein buch über babyn yar gekauft hatte weil ich dort mit david war, eine der letzten stationen unserer letzten reise und mich die sehnsucht beim anblick des buches so überfallen hat, dass ich in einer ecke des qm saß und weinen und dann eben dieses buch kaufen musste. anschließend noch eine veranstaltung für die kampagne “schlossaneignung” besucht. mich erinnert, wie unwohl ich mich in diesen architekten-kontexten fühle. gedacht, dass die rekonstruktionsdebatten in ihrer beführwortern nochmal eine ganz eigene art von bescheuerten akteuren zum sprechen bringen. festgestellt, dass jürgen zimmerer dagegen wirklich sehr gute sachen zum schloss/humboldtforum sagt und mich in seiner radikalität sehr zu hause gefühlt.

hizbollah schickt seit mittwoch mehr und mehr raketen und drohnen. nun vereinzelt auch weiter ins innere des landes. hamas sagt “nein” zum deal bzw. haben sie das angebot in einer weise “überarbeitet”, dass es nun eine ansammlung von verstörenden forderungen ist. hamas sagt auch, man wisse nicht, wie viele der geiseln noch leben, dass sie erschossen werden, sollte es weitere befreiungsversuche geben und dass all die opfer auf palästinensicher seite ein “‘necessary sacrifice’” sind. einer umfrage des Palestinian Center for Policy and Survey Research (PCPSR) steigen die zustimmung für hamas sowohl in der westbank als auch in gaza. ed. schreibt, dass alles zum weinen ist. und weil sie so etwas noch nie geschrieben oder gesagt hat, muss ich wirklich kurz weinen. in new york wird das privathaus von Anne Pasternak, direktorin des brooklyn museums, mit roter farbe antisemitisch beschmiert. in einem im eingangsbereich aufgespannten transparent wird sie als “white-supremacist Zionist” bezeichnet. auch an den wohnhäusern von anderen mitgliedern des museums-boards wurden randaliert. das museum selbst war vor einigen wochen das ziel von sogenannten pro-palestine-aktivist:innen, die dabei unter anderem die lobby kurzzeitig besetzten. in den niederlanden hat die royal academy of art in den haag als erste hochschule in europa bereits am 10. mai erklärt, das austauschprogramm mit ihre israelischen partneruniversität Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem zu beenden. die design academy eindhoven beendete ihre austauschprogramme mit israelischen einrichtungen vor kurzem ebenfalls. in beiden fällen ist bisher nicht öffentlich gesagt worden, was dies konkret für israelische studierende bedeutet. am mittwoch ist Ariel Cunio 27 jahre alt geworden. zwei tage vorher hatte Emily Damari ihren 28. geburtstag. 252 tage.

weiss immer noch nicht, ob ich mich auf diese stelle bewerben soll. aber weiß überhaupt sowieso nichts so richtig, was ich mit mir anfangen soll. jetzt und demnächst. a. sagte, ich habe noch nie nicht an einem buch gearbeitet (seit er mich kennt) und ich denke im angesicht meiner ratlosigkeit und der mit ihr eingetretenen leere unregelmäßig regelmäßig einfach nur panisch “fuckfuckfuck”.

20240610, abends

immer wieder, besonders samstags aber auch an jedem 7. eines monats, versuche ich im kopf das wochenende 7./8. oktober zu rekonstruieren oder wenigstens meine erinnerungen in die richtige reihenfolge zu sortieren. funktioniert so mittel, sage ich mal. irgendwie fallen mir nicht mehr so viele momente ein, neben schock und angst und sorgen und panik und hilflosigkeit keine anderen gefühle. ich erinnere mich an den moment des aufwachens und was es mit mir machte, als ich den vielen alarm sah, ich erinnere mich daran, wie ich i24news “entdeckte” (ich wusste, dass es sie gab, habe sie aber nicht benutzt) ich erinnere mich, dass an. vorbeikam. aber ich erinnere mich zum beispiel nicht, was ich abends gemacht habe. reflexhaft würde ich sagen: wir sind trinken gegangen. aber ich kann mich nicht einen moment erinnern, dass haus, meine wohnung, mein bett oder die nachrichtensendungen verlassen zu haben. ich erinnere mich an das chaos, daran, dass es keine gesicherten informationen gab, keinen überblick, keine vorstellungen von dem ausmaß. es war ein unfassbares chaos, nicht nur vor ort sondern auch im kopf, in meinen vorstellungen. ich erinnere mich an das gefühl, dass mir die luft abgeschnürrt erschien und ich mich immer wieder zwingen musste, tief einzuatmen. ich habe immer wieder versucht, mit allen zu sprechen. aber das war irgendwie auch absurd. und kam mir irgendwann bescheuert vor. sie waren vor ort und hatten ernsthafte sorgen, ich habe aus der sicherheit meiner wohnung nachrichten verfolgt. jedenfalls war Noa Argamani die erste geisel, die ich bewusst als geisel wahrgenommen habe, weil das video, das zeigt, wie sie umringt von palästinensern auf einem moped (?) entführt wird, bei i24news veröffentlicht wurde, während die moderatorin mit einem freund von ihr am telefon sprach und ihn dann fragte, ob es okay wäre, ihren namen zu sagen. am samstag vormittag ist sie gemeinsam mit Shlomi Ziv, Almog Meir Jan und Andrey Kozlov durch die IDF befreit worden; aus privatwohnungen, die sich in dem UNRWA-“flüchtingslager” nuseirat befanden. für Noa Argamani war es die vierte unterkunft, in die sie verschleppt wurde. Shlomi Ziv, Almog Meir Jan und Andrey Kozlov wurden zuletzt von abdallah aljamal und seiner familie gefangen gehalten, einem hamas-terroristen, der als journalist arbeitete. Arnon Zmora, der als offizier der eliteeinheit Yamam bei der befreiung dabei war, wurde verletzt und starb einige stunden später. das herz des vaters von Almog Meir Jan war einige stunden vor seiner befreiung stehen geblieben; seine familie sagte, infolge der belastungen und verzweiflung der vergangenen acht monate.

ich war gerade in einem dieser arabischen telefon-verkaufs-und reparatur-shops auf der karl-marx-straße, weil ich einen tag vorher mein iphone gecrasht hatte und ein neues display brauchte, das mich nicht so ruinierte, wie apple es offenbar plante. bevor ich es abgab, hatte ich mein bildschirm – “bring them home” – bild, entfernt. gibt nicht so viele möglichkeiten, zu beschreiben, wie es sich anfühlte, als ich anschließend auf der straße stand und all diese nachrichten bekam. natürlich wieder öffentlich geheult. stranger moment, in dem plötzlich wirklich alles einmal leicht war, gut war, möglich war. es hielt bis weit in die nacht an, die ich mit a. in einer dunklen bar trinkend verbrachte. ich notiere das hier lieber mal.

es ist auch schwer zu beschreiben, war das alles noch bedeutet, übergeordnet. es zeigt, dass es möglichkeiten gibt, geiseln zu befreien. es zeigt, dass die hoffnungen, dass viele noch leben, nicht unberechtigt sind. es zeigt, dass es möglichkeiten gibt, die menschen auch außerhalb von deals und verhandlungen zu retten. tagelang habe ich nichts mehr von einer möglichen vereinbarung gehört, nun hieß es gerade ohne weitere erläuterung, hamas habe nicht zugestimmt. sicher ist aber, dass Shlomi Ziv, Almog Meir Jan und Andrey Kozlov in einer ersten und vermutlich auch in keiner zweiten runde von freilassungen nicht dabei gewesen wären; als männer zwischen 22 und 41.

in berlin immer mehr demos. aktuell scheint es attraktiv zu sein, im wedding zu beginnen und dann quer durch prenzlauer berg und mitte zu laufen. immer noch tausende teilnehmer:innen. immer wieder ausschreitungen am hermannplatz und in der sonnenallee. gegenkundgebungen oder überhaupt pro-israelische demos, hier für die geiseln, haben zwischen 15 und 100 teilnehmende, in ausnahmen mal 300 vielleicht. alles ist voll mit zeichen und codes; an den wänden, an den kleidungen, als kufiyas, aufkleber, aufnäher, schriftzüge, tshirts. als ich heute vor einer weile nach hause kaum, saß im fenster des nachbarhauses eine sehr junge frau mit melonen als ohrringe. auf der karl-marx-straße und ganz sicher nicht nur da, werden große und kleine flaggen verkauft. es ist normalität geworden, nicht nur fassaden zu scannen, sondern bspw. auch die klowände in bars.

im norden von israel immer mehr alarm und angriffe, immer wieder opfer und zuletzt tagelange brände, ausgelöst von beschuss der hizbollah. benny gantz hat heute das kriegskabinet verlassen.

eine bewerbung nicht abgeschickt, weil ich den text für ein forschungsprojekt nicht fertig bekommen habe, den ich nicht fertig bekommen habe, weil ich generell zu müde bin, aber vor allem auch, weil mir die motivation fehlte, mich um eine stelle an einem ort zu bemühen, an dem “themen mit jüdischen bezug” und menschen wie ich mutmaßlich weniger gern gesehen sind. heute morgen einen hinweis bekommen, mich doch auf eine stelle zu bewerben, an einem anderen ort, auf die ich mich vor zwei jahren schon mal beworben hatte. die vorzeichen haben sich geändert, offensichtlich, aber das heißt nicht, ich würde mich sicherheit die notwendigkeit anerkennen, eine solche stelle anzunehmen.

der platz der geiseln gegenüber der humboldt uni ist wieder abgebaut. ich hatte gehofft, es findet sich ein anderer ort, an dem er weiter existieren kann. das restaurant bleibergs in berlin-wilmersdorf gibt bekannt, dass es schließen muss: nach dem 7.oktober kamen immer weniger gäste und stattdessen immer mehr antisemitische nachrichten.

über die tage, zuviele. (am 3.6.2024, zwischen 14 und 22 uhr)

nach zu viel alkohohl und in sehr später nacht sage ich, dass ich angst habe, mich nicht nochmal zu verlieben. und mein gegenüber antwortet, dass dies vielleicht ja auch besser sei. so reaktionen von menschen in halbwegs guten und liebevollen beziehungen sind mir die liebsten und ich frage mich, warum mir diese möglichkeit so schnell und leichthin, dabei rundheraus abgesprochen wird und warum es dabei nicht mal den kleinsten raum für mich gibt, die gedanken (und ängste) dazu zu entfalten. wie hart mich das trifft merke ich am nächsten tag, an dem ich nicht nur deshalb, aber auch deshalb, das bett nicht verlassen kann und irgendwann ernsthaft energie dafür aufwende, sicheres selbsttöten zu googlen.

ich koste mich viel energie gerade. vielleicht ein vorteil, dass ich viel zeit zum schlafen habe.

wir gehen auf kundgebungen und auf veranstaltungen, wir reden und wir trinken, wir denken über bündnisse nach. manchmal zeigt sich, dass auch wir unterschiedliche dinge wollen. weil auch wir von unterschiedlichen orten kommen. ich merke wieder, wer ich mal war und dass ich es, oder etwas ähnliches, wieder sein könnte. und ich weiß nicht, ob ich das will. ich stelle fest, dass mein früheres netz erstaunlich stabil ist und das ich zurückgehen kann als wäre nie etwas nicht gewesen.

jemand beschwert sich in einer nachricht, dass ich mich nicht zurückmelde und fragt ob ich “entführt worden” bin. und ich kann nicht fassen, dass jemand das für witzig hält. übrhaupt denke ich wieder viel über realitäten nach, nachdem ich vor einigen tagen in einem podcast rachel goldberg-polin über jüdischsein und die verpflichtung, die geiseln um jeden preis zurückzuholen, sprechen hörte und in tränen ausgebrochen bin. und das nicht auf die süße art, sondern auf die brutale, bei der der körper so crasht.

auf das hausprojekt in der scharnweberstraße 38 wurden zwei anschläge verübt. an seiner fassade steht seit vielen jahren “gegen jeden antisemitismus”. auf dem klo im nathanja lese ich in großbuchstaben “free palastine”. als ich höre, dass der besitzer der lieblingsbar ein problem mit all dem antisemitischen sosein in neukölln hat weine ich vor erleichterung. in montreal und in toronto werden schüsse auf jüdische schulen abgefeuert, in bucharest fliegt ein molotovcocktail auf die israelische botschaft. in paris marschieren an einem tag mehr als 10.000 menschen gegen israel, in nyc steht eine frau neben der “israel day parade” und zeigt auf ihren telefon den satz “they are not coming home”. angeführt wurde diese demonstration von familienangehörigen der geiseln. in berlin gibt es mehrfach pro-palästinensische demonstration mit mehreren tausend menschen. immer wieder kommt es zu ausschreitungen am hermannplatz und in der sonnenallee. am samstag ging eine solche demo an der synagoge brunnenstraße vorbei. auf der gegenkundgebung waren 15 menschen. ein paar mehr aber auch nicht so richtig viele kamen am sonntag um für die freilassung der geiseln zu protestieren. es gab immer wieder anfeinungen auf der kleinen runde zwischen bebelplatz und neptunbrunnen. die regierung der malediven ändert ihre gesetze, um zukünftig israelischen staatsbürger:innen die einreise verbieten zu können. bereits ab dezember hatte es für sie eine reisewarnung des israelischen außenministeriums gegeben.

heute morgen wurde bekannt gegeben, dass Dolev Yehud bereits am 7. oktober im Kibbuz Nir Oz ermordet wurde, forensiker:innen konnten seine DNA aus verbrannten überresten identifizieren. bis jetzt war man davon ausgegangen, dass palästinenser ihn nach gaza entführt hatten und damit natürlich auch davon, dass er noch lebt. er hinterlässt eine frau und vier kinder, das jüngste war einige tage nach dem 7.oktober geboren worden. Dolevs schwester Arbel wird nachwievor von hamas-angehörigen gefangengehalten. ich sehe das bild eines lächelnden jungen mannes, der auf diese selbstverständliche art schön ist. und ich will ihn gern umarmen und sagen, dass alles okay ist. ich will nie jemanden umarmen und schon gar nie will ich sagen, dass alles okay ist. aber hier und jetzt will ich es. irgendetwas macht dieses verdammte bild und diese verdammte geschichte mit mir.

und weil ich ewig brauche, einen eintrag wie diesenn fertig zu bekommen, sind mit dem verlauf der zeit vier weitere geiseln für tot erklärt worden: Chaim Peri, 79, Amiram Cooper, 84, Yoram Metzger, 80, und Nadav Popplewell, 51. sie sollen bereits vor mehreren monaten gestorben sein, in oder bei khan younis, die umstände sind noch unklar, aber vermutlich waren sie zusammen. die drei älteren wären unter denen gewesen, die in einer ersten phase eines möglichen deals, dessen bedingungen gerade verhandelt werden, freigelassen worden.

der schmerz hört nicht auf. jeden tag hat er eine neue variante.

241 tage.

20240526, nachmittags

vor einigen tagen wurde bekannt gegeben, dass IDF und shin bet drei weitere leichen gefunden und nach israel gebracht haben: Michel Nisenbaum, 59, aus Sderot, den palästinenser gefangen nahmen und ermordeten, als er auf dem weg war, seine 4jährige enkeltochter zu holen, die sich am morgen des 7. oktobers nahe re’im befand; Oryon Hernández-Radoux, 30, der mit seiner freundin Shani Louk auf dem nova music festival war und Chanan Yablonka, 42, der ebenfalls dort war. beide sollen ebenfalls bereits am 7. oktober ermordet worden sein. ich habe vor einigen wochen mal geschrieben, weil wiederholt festgestellt, dass man, also ich, immer noch menschen unter den geiseln finden, von denen ich glaube, sie in dem moment zum ersten mal zu sehen. obwohl mich die bilder und die geiseln und die geschichten seit monaten begleiten. bei Chanan Yablonka ist es das gegenteil: er gehört zu denjenigen, dessen bild sich durch meine gegenwart zieht, weil er a. so krass ähnlich sieht und weil ich mich erinnere, wie ich sein bild zum ersten mal gesehen habe, und was für ein schreck das war und wie ich dann manchmal darauf geachtet habe, dass es sein bild ist, dass ich bei demonstrationen trage. nachmittags sind wir zu einer gedenkveranstaltung auf dem platz für die geiseln gegangen und ein freund von Oryon Hernández-Radoux sprach, über ihn und wie sie sich kennenlernten.

vor ein paar tagen an di. geschrieben, dass ich “nie wieder nicht traurig” sein werde. und sie hat einfach zugestimmt. es hat mich überrascht, weil sie immer versucht, so positive dinge zu sagen und weil ich ein bisschen angst hatte, dass sie versucht, das bei dem satz auch zu machen. ich habe den satz gestern nacht am telefon zu ma. gesagt und auch die stimmte einfach zu. die feststellung wird so immer weniger ungeheuerlich und groß. ich, wir, werde/n einfach “nie wieder nicht traurig” sein.

die fusion-menschen veröffentlichten ein neues pamphlet, in dem sie jetzt israel das existenzrecht absprechen. es dürfte das erste mal sein, dass eine deutsche, sich links/alternativ positionierende gruppierung das derart offen sagt. versucht, gegenstimmen, protest, widerspruch zu finden, bisher vergebens. mi. sagt, wer soll das/den auch machen. abschied von den letzten selbstgewissenheiten meiner vergangenheit. dabei stelle ich dann doch fest, dass noch welche vorhanden waren. das ist alles auch etwas, dass vor allem erst einmal ekel hervorruft. jmd. weint am telefon, nachdem sie den text gelesen hast und ich kann das schon gar nicht mehr. weinen deshalb. nur kotzen ginge noch. offensichtlich.

höre einen podcast zu rammstein und lindemann und dabei die stimmen der frauen, die über ihren missbrauch sprechen. die band ist gerade auf ausverkaufter europa-tournee, u.a. allein vier konzerte in dresden mitte mai.

Maxim Herkin wurde gestern 36 jahre alt.

veröffentlicht wurde ein video von zwei palästinensischen männern, die darüber sprechen, frauen am 7. oktober vergewaltigt zu haben. der internationale gerichtshof ordnete am freitag an, dass israel seine militäroffensive in rafah sofort beenden muss. vor ein paar minuten zeigt mein telefon zum ersten mal seit vier monaten alarm in tel aviv an. die raketen kamen aus rafah.