letzte woche donnerstag veröffentlichte die IDF ihre untersuchungen zu ihren versäumnissen im vorfeld des angriffs der hamas und am 7. oktober selbst. die liste ist lang und dann kommen noch die vielen vielen rekonstruktionen der einzelnen ereignisse hinzu, unter anderem in nahal oz. irgendwo dazwischen sagte jemand: wir konnten an dem tag nicht all die fehler auffangen, die seit jahren gemacht wurden. der podcast call me back hat dem bericht eine eigene sendung gewidmet und ich habe die jetzt bereits vier mal gehört und immer noch nicht das gefühl, dass die details und abläufe in meinem denken vollständig angekommen sind. ich bin seit tagen schwermütig und alle dinge und menschen und alles sprechen sind schwer für mich, mir fehlt es an geduld für alles und einerseits macht mich das (scheinbar) ganz ruhig und still und abwesend und (noch mehr) gefangen in einem kokon, aber andererseits bin ich gleichzeitig so überreizt, das jedes geräusch und jedes zu viel an licht und jede ungewollte berührung das letzte bisschen darstellen könnten, dass mich zum laut und öffentlich schreien bringen könnten, sprich, zum durchdrehen. und dann komme ich gestern abend auch noch nach hause und der bildschirm meines rechners ist kaputt, offensichtlich weil ich irgend ein kabel eingeklemmt habe und der spaß, den ich dabei nicht hatte, soll mich mehr als 1.000 euro kosten. jedenfalls glaube ich, dass mein zuviel an allem auch auf den erzählungen und feststellungen beruht, die im zuge des berichtes öffentlich ausgebreitet und verhandelt werden.
n. ist aus zürich gekommen und wir haben stunden auf dem platz der geiseln verbracht. habe zwischendurch dann auch wieder gedacht, wie komisch das doch ist, was der 7. oktober und seine folgen so machen mit uns und unseren begegnungen. nur 24 stunden vor heute mittag mich mit ed. an gleicher stelle getroffen. und man kann auf diesem platz so ewig einfach sitzen und sein und allen zusehen und jemand spielt klavier und überall sieht man die gesichter der (ehemaligen) geiseln und manchmal redet man mit jemandem und oft weint man (mit jemandem). es überrascht mich immer noch, dass das teilen all dieser emotionen mit ed. nun zu unserer gemeinsamen gegenwart gehört, dass sie mich umarmt auf dem platz, weil ich weine und weil ich einfach mich nicht bewegen kann.
in den letzten tagen obsessiv viele bilder und videos gemacht, extra bei bedecktem himmel zum dizengoff square gegangen, um zu filmen ohne schatten auf dem brunnen. und menschen beobachtet; die, die nur vorbeigehen, die, die kommen, um ihn sich anzusehen und vielleicht ein selfie zu machen und die, die kommen, weil es einen bestimmten ort gibt, den sie in all den bildern, nachrichten, hinterlassenschaften aufsuchen wollen, vielleicht weil sie an jemanden denken und/oder jemanden vermissen, vielleicht weil sie kerzen anmachen oder wieder etwas neues hinterlegen möchten. viele bilder sind verblichen, der regen hat viel verschwommen. ich finde die box von ‘herr der ringe’ wieder, sie ist aufgeweicht und wieder getrocknet, zerissen, die dvds liegen offen neben briefen und kerzen und blumen und ketten und bilderrahmen. niemand kommt, und räumt etwas ab. ich glaube, einige der dinge sind seit oktober 2023 da. wer soll das je schaffen, dahin zu kommen und etwas abzuräumen. auch gestern habe ich neben einem geldautomaten eines der bringthemhome-plakate für hersh goldberg-polin gefunden, es hängt da seit weit mehr als einem halben jahr und ist noch in sehr gutem zustand und grade das, das nicht verblichene und das am zustand nicht sichtbare vergehen der zeit hat mich mit voller wucht getroffen und mir noch einmal anderes als die beschädigten und gealtertenn plakate verdeutlicht, was an zeit vergangen ist, und was wir alles darin verloren haben. jeweils auf unterschiedliche weisen natürlich.
Eli Sharabi, Keith und Aviva Siegel, Naama Levy, Doron Steinbrecher, Iair Horn, Omer Shem Tov und Noa Argamani sind nach washington gefahren, unter anderem, um sich mit trump zu treffen. eine:r der überlebenden bescheinigte ihm bei der gelegenheit, er sei von g’tt gesandt. und es gibt besonders ein bild, das mich nachhaltig verstört: trump sitzend reicht Noa Argamani die hand, die vor ihm steht. aufgenommen beide von der seite. trump droht hamas unverhohlen. und es soll direkte verhandlungen zwischen den usa und den terroristen geben. wieder machen vorschläge die runde. unklar ist, was wirklich passiert oder passieren kann. vielleicht geht es auch nur um die freilassung von Edan Alexander. hamas kündigt jedenfalls an, dass weitere geiseln sterben werden, sollte israel die kämpfe in gaza fortsetzen. israel wiederum hat die lieferung von hilfsgütern unterbrochen, deutschland, frankreich und großbritannien protestieren. menschen, die die situation ein bisschen realisitischer einschätzen, sagen, dass dies keine gefährdung nach sich ziehe, unter anderem weil in den letzten wochen sehr viele nahrungsmittel gaza erreichten. und naja, so richtig leidend sahen auch die ‘zivilist:Innen’ in den hamas- und islamic jihad-vorführungen bei der freilassung der geiseln nun auch nicht aus. während wir heute auf die installation des für die geiseln aufgestellten tisches gucken, der seit dem ersten pessach nach dem 7. okober an ihre abwesenheit erinnert, zeigt n. mit das bild einer luftaufnahme vom ersten abend des ramadan, an dem hamas auf einer straße zwischen trümmerlandschaften eine ellenlange tafel aufgebaut hat, zum gemeinsamen essen und feiern. gestern wurde nun auch Ohad Yahalomi bestattet, auf dem friedhof von Kibbuz Nir Oz. ich hatte mir den wecker gestellt, um sehr früh morgens nach rishon lezion zu fahren und habe dann das losgehenmüssen um zehn minuten verschlafen. meine abwesenheit hat mich trauriger gemacht, als ich erwartet habe. herzi halevi hat nach seinem abschied als IDF-generalstabschef am donnerstag abend den hostage square besucht; zum ersten mal. vor ein paar tagen wurde bekannt, dass Vladislav Bongert sich das leben genommen hat. seine tochter sofia wurde am 7. oktober ermordet, er konnte mit dem schmerz und dem verlust nicht mehr leben. die familie von Matan Angrest hat am montag zwei fotos von ihm veröffentlichen lassen, die aus einem propagandavideo von hamas stammen, das die terroristen bereits vor monaten anfertigten. die familie hatte sich damals gegen eine veröffentlichung entschieden. jetzt sehen wir auf den beiden bildern einen jungen, sehr dünnen und offensichtlich misshandelten jungen mann. Sasha Troufanov berichtet in einem video, er habe Rom Braslavski getroffen. dies ist das erste lebenszeichen, das es von ihm gibt. er, damals 19 jahre alt, hatte als sicherheitsmann beim nova-festival gearbeitet und mehreren frauen geholfen, den terroristen zu entkommen, bevor er von ihnen verletzt und verschleppt wurde. Zurii Ezra Erez, Onkel des nach wie vor in gefangenschaft der hamas befindlichen Bar Kuperstein “could not stand the strain and passed away under tragic circumstances” am 500. tag. die situation für die freigelassenen, auch für die von november 2023, für ihre familien und die der ermordeten ist sehr schlecht, nicht nur psychisch, sondern auch ökonomisch. es gibt nur unzureichende staatliche unterstützung und einige familien initiierten crowdfunding kampagnen. das kommt jetzt auch noch alles dazu; die geschichten darüber, was das er- und überleben anschließend für das leben bedeutet. am montag wurden mehrere angehörige von ermordeten und von geiseln von wachleuten in der knesset an der teilnahme einer sitzung gehindert und dabei teilweise verletzt. bei der sitzung ging es um die einrichtung einer staatlichen untersuchungskommission zum 7. oktober ging.
der justizminister yariv levin hat am mittwoch eine verfahren zur entlassung der generalstaatsanwältin gali baharav-miara eingeleitet. zudem hat die regierung irgendwas zu ihren gunsten als teil der justizreform geändert; ich habe schon wieder vergessen was, aber es ging um irgendein ernennungs-komitee? im detail vielleicht egal, ob ich das weiß, worum es beim aufschreiben eher ging, ist die schrecklicherweise zu treffende feststellung, dass das ja alles auch noch passiert.
ich schlafe schlecht. sehr schlecht.
heute vormittag endlich eine wohnung in shapira gefunden und heute abend in suzanne dellal die Kamea Dance Company gesehen mit choreographien von jacopo godani und andonis foniadakis. mein herz hat geschlagen vor glück (beide male, abends sogar ein bisschen länger).