um 5.15 aufgestanden und nach rishon lezion gefahren, wo um 8 uhr die fahrt der Bibas-Silbermann-Familie zum friedhof bei nir oz begann. tausende menschen. und manchmal minutenlang gespenstisch still. mit fremden menschen weinend an straßen (oder später auf dem hostage square bei der übertragung der beerdigung) stehen, ist merkwürig. einerseits sehr intim, aber dann auch wieder nicht. befremdlich. keine ahnung. als der konvoi losfuhr, haben die menschen angefangen, ihm zu folgen. und dann haben wir – und dann immer mehr menschen – ihn begleitet, bis er fast aus der stadt war. man, also ich und ich glaube noch viele andere, wussten einfach auch nicht, was man dann machen sollte, nachdem das vorbeifahren ja nur wenige sekunden dauert und man dann da steht, mit allen und definitiv zu vielen emotionen. ich konnte danach auch erst einmal nicht zurück nach tlv fahren, zum einen, weil es so früh war und weil ich nicht wusste, was man mit so vielen stunden anfangen soll. zum anderen und vor allem aber, weil ich überhaupt nicht wusste, was man mit so einem tag denn anfangen soll. festgestellt, dass rishon lezion wirklich schön ist, den verdacht hatte ich schon immer, weil mir der name so gefällt. aber es ist, zumindes die innenstadt wirklich schön. aber die feststellung hat irgendwie nicht gereicht, mehr anzusehen. zum beispiel eins von den offensichtlich vielen museen die es gibt oder die vielen baulichen spuren aus den ersten jahrzehnten. zurückgehfahren und zu beit ariela gegangen, davor noch auf dem platz geblieben, aber es dann nicht mehr ausgehalten. mich eigentlich auf ein paar stunden zeit zum schreiben gefreut, aber absolut nicht konzentrieren gekonnt. nicht nur nicht in den text gekommen, sondern jedes gespräch, jeder klingelton, jede vorbeilaufende person, irgendwann sogar das klicken der tastatur meines nachbarn haben mich wahnsinnig gemacht, nervös. mein körper, meine haut waren so verletzlich, dass jeder reiz sich eingeschnitten hat.
es gab nicht nur die übertragung der beerdigung, sondern es gibt nun auch übersetzungen der reden. weil ich schon geweint habe ohne wirklich etwas zu verstehen, kann ich sie nicht lesen. aber ich weiß trotzdem nun noch mehr über der beziehung Yarden Bibas zu seiner frau und zu seinen kindern und ich kenne ab jetzt den satz “ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt, für immer auf der Welt!” und ich weiß, dass er am ende sagte “Ich habe euch allen noch so viel zu erzählen, aber das hebe ich mir für die Zeit auf, wenn wir allein sind.“ und das alles ist wirklich eigentlich mit sicherheit nicht zu ertragen.
ich versuche immer wieder, zu denken und das irgendwie zu verstehen. also diesen schock und diesen verlust und das alles. und es geht nicht. ich kann schlicht nicht denken. nicht worte hintereinander reihen, um ein verständnis zu bekommen. irgendeine klarheit. diese steigerung von schmerz, von traurigkeit, von ohnmacht, also eigentlich die steigerung von sowieso schon noch mehr schmerz, sowieso schon noch mehr traurigkeit, sowieso schon noch mehr ohnmacht zu greifen zu bekommen. nicht so ausgeliefert zu sein. aber es geht nicht. ich bemerke, dass ich schon vor einer langen weile aufgehört habe, zu ereignissen und zu orten zu gehen, weil sie mich interessieren und/oder ich etwas über sie wissen will, weil sie irgendwas mit irgendwelchen beobachtungen oder theorien von mir zu tun haben, sondern weil ich mich involviert sehe/empfinde. jmd. sagte vor ein paar tagen, dass ich mich zu einem teil von all dem hier gemacht habe und es jetzt bin und jmd. anderes lachte mich aus, als ich vorgestern meinte, “als touristin kann ich…” und antwortete “diese zeiten sind lange vorbei für dich”. und ich merke bei verschiedenen gelegenheiten, wie/dass ich nicht mehr sagen muss, dass es mir schlecht geht, sondern selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass es mir auch schlecht geht und als ich heute nachmittag einen journalisten aus berlin getroffen habe, merkte ich die krassen unterschiede zwischen uns, die komplett verschiedenen welten und vielleicht ein bisschen auch, was ich mittlerweile verloren habe. er war irgendwie (auch) eine erinnerung an meine vergangenheit und wie ich die stadt mal gesehen und verstanden habe und ich fand es verstörend, dass er nicht einmal im ansatz das gleiche durchgegangen ist, wie ich heute. und ein ziemlich hoher prozentsatz von menschen um ihn herum. ich wusste nicht, dass es noch einmal eine steigerung oder intensivierung meines hier-seins gibt. aber da bin ich jetzt.
gestern nach haifa gefahren. mich wieder daran erinnert, dass ich haifa doch auch sehr mag irgendwie auch wenn mir meine zeit nach wie vor zu schade bleibt, da länger als kurz zu sein. und obwohl ich einfach nie weiß, was man in haifa eigentlich machen soll. häuser sind noch verfallener als vor fünf jahren und zugleich gibt es mehr schöne orte zum sein in der umgebung des marktes. mich tätowieren lassen. sehr viel nähe, wie das ja sowieso schon immer ist, aber gestern noch ein bisschen mehr. ein bisschen zusammen geweint und mehrmals lange umarmt. was für ein glück, ein eingegangenes risiko belohnt zu bekommen. das high danach hielt nur eine stunde an oder so. y. das erste mal seit drei jahren wiedergesehen, also das erste mal seit 7.oktober. erschrocken gewesen, weil es ihr so schlecht geht und ging und irgendwie war sie nie eine meiner besten freundinnen aber dann jetzt mit dem teilen all dieser dinge und zeiten und furchtbarkeiten passiert eben auch zwischen uns etwas und naja. an haifas wände ist wenig geschrieben und geklebt von den geiseln und den toten und es war deshalb ein bisschen wie reisen in eine vergangenheit und das war komisch und fremd und hat mich irritiert und ich habe immer gesucht, aber nichts. oder wenig. definitiv nichts im vergleich zu tlv. das es so etwas auch gibt.
mi. hat erzählt, wie sie letzte woche nachts gehört hat, als der sarg von Shiri Bibas in das forensic center gebracht wurde, das bei ihr nicht gleich um die ecke, aber doch sehr nahe ist. ed. schrieb, dass sie weiß, dass all diese animationen zur Bibas-familie kitsch sind und dass sie trotzdem immer weinen muss. ich weiß nicht, ob sie dabei vielleicht nicht sogar das erste mal überhaupt gesagt hat, dass sie weint.
hamas hat sich bereit erklärt, um 600 palästinensische häftlinge frei zu bekommen, heute nacht bereits die vier getöteten geiseln an israel zu übergeben, mit umweg ägypten und ohne bühne und übertragung. angekündigt sind: Ohad Yahalomi, zum zeitpunkt seiner entführung 49 jahre alt, wurde am 7. oktober aus Nir Oz verschleppt. zuvor hatte er versucht, seine familie zu beschützen, da die tür des schutzraumes sich nicht verriegeln ließ, setzte er sich davor. die terroristen schossen ihn an, und verschleppten seine frau Batsheva Yahalomi und die drei kinder sowie einen ausländischen arbeiter auf mopeds. Batsheva, die 10-jährige Yael und ihre damals fast zweijährige schwester konnten entkommen und liefen in schlafanzügen und flip-flops mehr als drei stunden zurück nach nir oz, wo sie gerettet wurden. der 12-jährige Eitan und der ausländische arbeiter wurden nach gaza gezwungen. Eitan wurde am 27. november i2023 m rahmen des vorübergehenden waffenstillstandsabkommens freigelassen. ich weiß nicht, ob die familie bereits in den vergangenen monaten etwas zum schicksal von Ohad erfahren hat oder ob sie bis vor kurzem noch die hoffnung hatte, dass er lebend zurück kommen kann. ich glaube es. Tsahi Idan, damals 49 wurde aus seinem haus im kibbuz nahal oz entführt. die fünfköpfige familie hatte sich zunächst im schutzraum versteckt, die terroristen erschossen die älteste Tochter Maayan, 18, durch die tür und verschleppten Tsahi nach gaza. sie filmten den angriff auf die familie und den mord mit Galis handy live auf ihren facebook-account. die familie sagt, dass er im november 2023 noch am leben war und sie dafür auch in den kommenden monaten immer wieder hinweise erhalten habe. nun bittet auch sie darum, erst zu warten mit den meldungen, bis die notwendigen untersuchungen durchgeführt wurden und es offiziell gemacht wird. Itzik Elgarat, damals 68 jahre alt, wurde aus seinem haus im kibbuz nir oz entführt. die hamas-männer verletzten ihn bei schüssen auf die tür seines schutzraumes an der hand und zwangen ihn anschließend nach gaza. die vierte person ist Shlomo Mantzur, ich habe über ihn bereits geschrieben, als vor ein paar tagen bekannt geworden war, das er bereits am 7. oktober ermordet wurde.
schon gestern wurde Oded Lifshitz bestattet.
am sonntag endet die erste phase des deals, ohne dass es weitere konkrete vereinbarungen gibt. in berlin ist der komplex von Kahal Adass Jisroel antisemitisch beschmiert worden.