20241121, früher abend

ich überhole mich selbst. seit tagen liegen hier entwürfe von gedanken und hinweise auf erwähnenswertes herum und dann wird es zu viel und manches schon wieder zu anders um es noch aufzunehmen. dfg antrag II ist angenommen. das ändert viel. alles ist noch unkonkret und ich muss oft gegen das gefühl angehen, zu misstrauisch zu sein. ich erinnere mich immer an wenig, aber daran, wie hans scheuerecker mal in einer dieser zu langen und zu betrunkenen nächte sagte, dass ich mir weniger sorgen machen solle, weil ich jemand wäre, bei der am ende die dinge gut gehen. aber wie vertraut man auf so etwas?

heute hat mich jemand darauf aufmerksam gemacht, dass ich erst etwas mehr als einen monat wieder in deutschland bin und in meinem gefühlten sosein kommt es mir vor wie eine ewigkeit, die deutlich länger als ein monat ist. gestern einem freund beim theatermachen zugesehen und heute immer noch darüber nachdenken. dafür, dass mich wenig berührt, klingt es sehr nach. anschließend in einer bar um die ecke gewesen und endlich wieder guten rotwein getrunken, aber beim nachhausegehen dann auch gedacht, dass das einfach nicht mehr geht, dieses besuchen von bars in neukölln und kreuzberg. die räume gehören den pro-palestine menschen und ihren schmiererein auf den klos und ihrer unverkennbaren anwesenheit auf den plätzen. vor ein paar tagen schon auf den besuch der lieblingspizzeria verzichtet, weil ich weiß, dass sie von linken alternativen italiener:innen betrieben wird und ich zu wenig kraft habe, mich in ein ambiente zu begeben, dass ich vermute, aber nicht austesten will. mich an derartigen orten unwohlfühlen wie zuletzt bis 2003 in cottbus. ich überklebe die schmiererein an unserem klingelschild mit aufklebern für die freilassung von Schlomo Mantzur, der 86 ist und seit 412 tagen in der gewalt von hamas. und sie werden immer wieder abgerissen, weil es offenbar nicht einmal den grundkonsens gibt, dass ältere menschen, die in einem kibbutz leben, nicht entführt werden dürfen. nethanjahu hat die summe erhöht, die für informationen und die freilassung von geiseln bezahlt werden würde. es nützt nichts. sie geben sie nicht raus, nicht einmal auf einer persönlichen ebene findet sich jemand, der oder die dazu bereit ist. es scheint sich überhaupt nichts zu tun, verhandlungen waren schon lange kein thema mehr. der zustand als ist-zustand ist seit einiger zeit einfach nur noch da und wir leben damit und ich habe keine vorstellung mehr, wie sich das eigentlich auflösen soll. das heißt die meisten leben nicht damit, weil es sie weder interessiert hat noch interessieren wird.

ein kino in mailand hat es vergangene woche abgelehnt, eine dokumentation über die holocaustüberlebende Liliana Segre zu zeigen, weil man angst vor propalästinensischen protesten habe. das jüdische museum in san francisco schließt seine räume für mindestens ein jahr, weil besucher:innenzahlen und spenden so stark zurückgegangen sind, dass man erst einmal neue strategien fürs weitermachen entwickeln muss. raketen und drohnen der hezbollah treffen immer mehr konkrete orte: in akko gestern einen kindergarten, in ramat gan ein gebäude und ein bus, in haifa am samstag eine synagoge und in nahariyya starben zwei menschen. mehr als 800 soldat:innen sind bereits gefallen. Tamir Nimrodi ist letzte woche 20 jahre alt geworden. er war als bildungsoffizier auf einer basis nahe zu gaza. während seine zwei mitbewohner sofort ermordet wurden, verschleppten die terroristen ihn. ein video, dass sie davon machten und dass seine schwester online fand, ist das letzte zeichen, dass seine familie von ihm bis heute hat. von Sasha Troufanov hat der islamische jihad vergangene woche zwei videos veröffentlicht. am 11. november hatte er seinen 29. geburtstag. der internationale strafgerichtshof in den haag hat heute haftbefehle gegen netanjahu und yoav gallant ausgesprochen. in dublin wird ein jüdischer student in einer bar angegriffen, in new york ein jude so ins gesicht geschlagen, dass seine wunde genäht werden muss, in der depaul university von chicago greift ein maskierter täter zwei jüdische studierende an, die zu einem friedlichen austausch über israel eingeladen hatten, ein 13jähriger jüdischer junge wurde auf seinem schulweg in crown heights / brooklyn von einem älteren mann ins gesicht geschlagen, in antwerpen ein orthodxer jude auf offener straße angeschrien, für die gegend um den gesundbrunnen in berlin gab es die warnung, beim abreißen propalästinensischer aufkleber vorsichtig zu sein, weil darunter rasierklingen angebracht wurden, bei der versuchten besetzung des präsidiumsgebäudes der fu berlin benutzten die vermummten täter:innen unter anderem äxte und knüppel, wurde jetzt dann mal bekannt gegeben.

ich bin zu lustlos zum weiterschreiben. ich müsste etwas essen, aber alles ist mir zuwider.