ich sollte mehr schreiben. wegen der vielen dinge und zur ordnung in meinem kopf. aber ich bin sehr müde und meine gedanken springen permanent. das heißt auch eine große unlust auf alles. stelle wieder fest, dass ich nur sehr einfache oder mir bereits bekannte serien/filme gucken kann, alles andere ist mir schlicht zu anstrengend. diese mentale überlastung ist schwer zu be/greifen. vielleicht einfach, weil ich mental überlastet bin. jedenfalls gucke ich vermutlich jeden tatort nach, der angeboten wird. es ist faszinierend, wie wenig es braucht, um da folgen zu können. seit montag dreimal alarm: rakete aus libanon (mittwoch, sehr früh morgens), rakete aus dem yemen (nacht von donnerstag zu freitag, irgendwas kurz vor meinem einschlafen) und rakete aus dem yemen vor ein paar minuten. die hausbewohner:innen, die ich tagsüber nie sehe, ob wohl das haus wirklich klein und die zahl der wohnungen wirklich übersichtlich ist, treffe ich nun also jeweils im treppenaufgang. alarm ist krass aus bisher drei gründen: (1) man erschrickt wahnsinnig, wenn er losgeht. es gibt quasi keine möglichkeit, darauf vorbereitet zu sein. glaube ich zumindest. beim ersten mal ging es auf dem telefon los und ich konnte den ton erst nicht zuordnen, weil ich ihn nicht kannte und weil ich gerade so beim einschlafen war und das irgendwie in diesen prozess eingebaut habe. (2) draussen entsteht etwas raumgreifendes, ein geräusch, von dem man glaubt, dass man es anfassen kann und dass die leere zwischen den häusern besetzt. ich weiß, wie bescheuert das klingt, aber es ist, als würde sich eine unsichtbare masse durch die straßen schieben. (3) ich habe nicht konkret angst (glaube ich), aber wenn es vorbei ist, möchte ich immer weinen. ich denke irgendwas mit verletzlichkeit, mit ausgeliefertheit, oder so.
jedenfalls übermüdung.
idf hat in den letzten tagen nach und nach hezbollah funktionäre ausgeschaltet und gestern dann nasrallah.
am mittwoch in jerusalem gewesen, mit no. essen, dann ihre ausstellung, dann designweek im hansen, dann hostage tent und dabei lange mit dem plakat von Daniela Gilboa am straßenrand gestanden. wir waren nur zu zweit. eine sehr junge frau hat sich um das zelt gekümmert. niemand ist wirklich stehengeblieben dieses mal, aber viele und dabei auffällig viele offensichtlich religöse menschen zeigten und gegenüber ihre solidariät und manchmal auch ihre traurigkeit. Daniela Gilboa gehört zu den soldatinnen, die von der nahal oz basis entführt wurde und die zuletzt lebend in einem video zu sehen war, das hamas anfang juli veröffentlichte. am tag der aufnahme war sie vermutlich 107 tage in der gewalt von hamas, die familie sah die aufnahmen 170 tage nach der gefangennahme. sie ist jetzt 20 jahre alt. auch wenn ich es nicht geschafft habe, an jeden geburtstag einer geisel zu erinnern, ist jetzt jede von ihnen ein jahr älter.
ich weiß nicht, ob verhandlungen stattfinden und wenn ja, wie sie sich gestalten. offensichtlich aber ist, dass die geiseln gerade nicht im vordergrund stehen. das ist mit blick auf die ereignisse im norden und auf die begrenzheiten und wirkungsweisen medialer aufmerksamkeiten nachvollziehbar. aber es verstetigt das bleierne gefühl von gegebenheit, von ist-zustand, von damit-leben, von verfestigtem schmerz. offiziell soll es heute keine demo geben, zu groß ist die gefahr von raketen. aber die familien treffen sich am kundgebungsort.
donnerstag abend ro. besucht. vielleicht hat es dieses mal merkwürdig lange gedauert, bis ich hier ankomme. ganz sicher ist es schwerer mit depression irgendwo zu sein. vielleicht haben aber auch die zeit in jerusalem und die besonderheiten der zeit in jerusalem irgend einen zwischenzustand kreiert. jedenfalls jetzt ist das hiersein wieder richtig. so mit die straßen entlanggehen und anwesend sein und verbunden.
ich arbeite ein bisschen mehr. ein paar sachen ab. und habe eine mail mit einer projektidee an jemanden von der hebrew university geschrieben und das ist mehr als ich in den letzten wochen hinbekommen habe. und es brachte mir umgehend einen termin ein. versuche zudem seit ein paar tagen, meinen rückflug nach hinten zu verschieben. was nahezu unmöglich ist, weil entweder keine plätze mehr oder vereinzelte für so viel zu viel geld. aber wenn so eine idee einmal im kopf ist, funktioniert es ja so ungefähr nie, einen punkt zu finden und zu sagen: na dann eben nicht. und obwohl es quasi aussichtslos ist, sind hier x-verschiedene tabs offen, mit denen ich varianten durchspiele.