gestern abend zur kundgebung gegangen, die aufgrund der vermehrten ins landesinnere gehenden angriffe keine offizielle war und nur von wenigen menschen besucht wurde. also vielleicht so 2.000. das wie immer viel intensiver gefunden, viel lauter. in den sozialen medien war immer wieder die rede davon, dass der tod von nasrallah auch hier in der stadt gefeiert worden sei, ich dachte vor allem, dass sie viel leerer ist als sonst, noch stiller als seit monaten sowieso schon und ich bin den ganzen weg gelaufen vom gate menahem begin road bis florentin. ich ärgere mich, dass so videoschnippsel dann online zu einer realität werden, die deutlich mehr verspricht, als momentaufnahme zu sein und noch viel mehr ärgere ich mich, wie wenig diese veränderten stadtbilder und -geräusche als veränderungen seit dem 7. oktober zur kenntnis genommen werden.
nachts bei der telebar fällt mir auf, dass einer der gründe, warum ich nicht zurückfliegen will, ist, dass ich angst habe, noch einmal diesen weg am flughafen entlang der poster der geiseln gehen zu müssen. ich merke, wie mir die kraft dafür fehlt und auch heute abend, nach dem besuch von momo der Batsheva Dance Company (was für eine unfassbar wahnsinnig gute performance), wiederhole ich das nochmal gegenüber ja., mit der ich noch einen aperol trinke. das erste mal seit langem habe ich wieder eines dieser langen gespräche über die geiseln und was diese situation mit uns macht, eines dieser gespräche, die ich im winter und frühjahr permanent hatte und die, das fällt mir erst jetzt auf, aus dem alltag verschwunden sind. und wie damals muss ich wieder öffentlich weinen.
überraschend viele menschen, die nicht hier sind, wollen mir die situation hier erklären.
ansonsten gewöhne ich mich vielleicht doch ein bisschen daran, dass weniger machen ganz okay ist und nicht gleich oder ausschließlich panik auslösen muss. einen moment funktioniert das. denke zudem, ich habe mich endlich für einen morgendlichen kaffee-ort entschieden. neue blundstones gekauft, das lieblinghaus besucht und nach wie vor unentschieden, was ich davon halte.
annalena baerbock ist der meinung, dass die eliminierung von nasrallah keine gute idee war und „in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels“ sei, die lage jetzt “brandgefährlich” ist. habe mich heute ein bisschen mit dieser United Nations Security Council Resolution 1701 von 2006 beschäftigt und bin noch fassungsloser als sowieso schon, was die situation vor ort angeht (wie es trotz dieser beschlüsse hezbollah möglich war, derart viele waffen anzusammeln und sich so nahe an israels grenze zu positionieren) und hinsichtlich die zuweisungen von verantwortung einer eskalation allein jetzt und aufgrund israels handeln. und ja, ich weiß, das ist immer so und schon immer genauso passiert und wird dadurch trotzdem nicht besser. das ist nicht gewöhnungsmöglich. deutschland hat zuletzt nicht nur die bewilligten ausgaben für waffenlieferungen an israel deutlich gesenkt – 2023 genehmigte die bundesregierung exporte in höhe von 326,5 mill. euro, zehnmal so viel wie 2022 und bis august 2024 nur noch 14,5 mill. euro – sondern veränderte auch grundlegend die art der lieferungen: seit dem 7. oktober handelte es sich nur bei zwei prozent um kriegswaffen, der rest waren unter anderem helme, schutzwesten kommunikationsmittel. und seit märz 2024 verzichtet deutschland gänzlich auf kriegswaffenexporte nach israel. aber gleich ist 9. november, da kann man wieder um tote juden trauern und stolpersteine polieren und sich gut fühlen weil es so super klappt mit dem deutschen erinnern, für das man sich jahrzehnte eingesetzt hat, um doch noch was gutes aus den eigenen verbrechen fürs eigene soseon zu basteln.