mi. fragt, warum ich denn überhaupt zurückfliege und ich sage ‘geld’. mit si. spreche ich über meine angst, wieder in deutschland zu sein und mit yo. darüber, warum es für mich trotz allem leichter ist, hier zu sein. weil nämlich zum beispiel wenn in binyamina eine drohne der hezbollah vier menschen tötet und 58 verwundet, man nicht nur telefonieren kann und nachrichten schicken, sondern sich auch überlegt, einfach die freundin und ihre familie am nächsten tag zu besuchen und weil alle wissen, wie es einem geht und man nicht mehr fragt, wie es einem geht, nur noch als witz manchmal und wenn man traurig ist, es dann so ist, dass viele andere auch traurig sind. oder wütend, oder verzweifelt, oder mal für einen tag glücklich, wie damals, als mal eine geisel gerettet wurde. und man muss nichts erklären und sich nicht rechtfertigen, sondern vor allem räume schaffen, in denen andere traurig, wütend, verzweifelt sein können. und manchmal einen moment froh.
mit allen spreche ich darüber, wer wann wo war bei welchem alarm und was uns mehr sorgen macht, die raketen oder die terrorangriffe. die terrorangriffe liegen leicht vorn. ich erzähle von einem interview, dass ich gelesen habe, mit einem polizeiverantwortlichen, der sagt, er und seine kolleg:innen arbeiten schon am limit und man müsse als bevölkerung jetzt einfach ein bisschen vorsichtiger sein. gestern nacht, nachdem yo. und ich über raketen und das hierbleiben und ein bisschen noch über das arbeiten gesprochen haben, gehen wir in einen kleinen club von der art, von der ich nicht mehr zu hoffen dachte, dass sie noch existieren. und es war ein kleiner ort und es war voll mit nur wenigen menschen und es war sehr lustig, und yo. bittet mich, dass wir nicht an der tür stehen, wegen erschossen werden oder wegen erstochen werden und irgendwann gehen wir dann auch, weil mehr nerven haben wir nicht, nicht übers erschossen werden oder erstochen werden hinwegzufeiern.
weniger als 36 stunden vor abflug gebe ich auf und kaufe einen neuen hoodie. dann sitze ich ein bisschen auf dem platz und weine nur für mich. omer neutra ist heute 23 jahre als geworden. sein zweiter geburtstag als geisel der palästinenser. nach haifa gefahren, weil ich unbedingt so. noch mal treffen wollte. auf der hin- und rückfahrt dreimal alarm gehabt, alarm in zug ist komisch, weil draussen gibt es ja keinen, nur auf dem telefon und der zug fährt langsam und bleibt stehen. man sieht auch die abwehr nicht durch die fenster und wartet einfach minutenlang, dass es weitergeht, als wir am strand sitzen hören wir die angriffe weiter im norden. der strand ist leer.
gestern mit dem bus in den süden gefahren. das reisen war ein abenteuer, davon schreibe ich nicht. weil es das sprechen über den ort des nova memorials überlagert. und über den ort schreibe ich nicht, weil es zu viel ist. zu intensiv, zu viel. nur vielleicht, dass er sich so verändert hat. dichter geworden ist. in seinen elementen und in seinen erzählungen. dass er einem das atmen schwerer macht. und das dasein anders als im dezember. dass es keine hintergrundgeräusche mehr gibt. nur eine andere art der stille.
letzte tage machen meinen körper und mein denken taub.