versuche, das morgendliche haus-verlassen-um-kaffee-zu-trinken wieder einzuführen, nicht nur um das haus zu verlassen und kaffee zu trinken, sondern weil routine und überhaupt aufstehen gut bei depressionen sein sollen und ich auch die gegend kennenlernen sollte, wenn ich schon mal hier wohne. viel geweint gestern, sehr viel und jetzt ein bisschen angst vor dem heutigen tag.
ich fühle mich ein bisschen sehr isoliert hier und weil ich die wohnung nur bis kommenden freitag habe, habe ich auch nicht so richtig das gefühl, hier ankommen zu können oder zu sollen oder zu möchten. dieses was-mache-ich-hier-und-wo-überhaupt hat quasi nochmal eine neue facette bekommen. gestern vor lauter verzweiflung und verlorenheit überlegt, einfach von hier wegzufliegen und den nächsten monat irgendwo anders zu verbringen. zypern vielleicht oder griechenland. aber krieg und kleines land umgeben von feinden und nur eine airline die wirklich fliegt, bedeuten flugpreise jenseits des handelbaren. dieses naharija gefühl, aber vermehrfacht.
jetzt kann ich nicht schreiben, dass ich mich gefangen fühle, weil das in meinem kopf sofort zu den geiseln führt. (aber ich kann vielleicht schreiben, dass ich das gefühl habe, in einer falle zu sitzen?) ihre familienangehörigen und freund:innen sind gestern vom nova festivalgelände bei kibbutz re’im losgelaufen. am samstag abend wollen sie jerusalem erreichen. eine der vertreterinnen hat darüber gesprochen, dass sie alle verstünden, dass das leben für anderen weitergeht, dass sie arbeiten gehen müssen, kaffee in tel aviv trinken wollen, routine wiederfinden. und dass sie nur wollen, dass die geiseln nicht vergessen werden, dass menschen sich trotzdem weiter für ihre rückkehr einsetzen. und das stimmt vermutlich und trotzdem ist es so traurig. ich sehe immer noch jeden tag die videos der eltern von hersch goldberg-polin. der vater Jon spricht nun öfter, die mutter Rachel wirkt noch zerbrechlicher und ich dachte schon vor einem monat, dass das nicht mehr geht. manchmal sehe ich auf den plakaten jemanden, den oder die ich noch nicht kenne. und jedes mal bin ich überrascht und irritiert davon. in den interviews geht es immer wieder auch darum, dass nun nur noch von 40 freizulassenden geiseln in einem möglicherweise kommenden deal die rede ist. und alle beharren immer darauf, dass es um alle gehen muss. wie schlimm muss es sein, diese hoffnung, dass die einem nahen menschen endlich nach hause kommen und die angst, dass sie wieder nicht dabei sind, weil wieder nur eine auswahl getroffen wird. und da sind wir noch gar nicht bei dem punkt, dass man hamas ja sowieso nicht trauen kann, dass sie sich an die vereinbarungen halten.
der verteidigungsminister yoav gallant hat gestern in einer pressekonferenz davon gesprochen, dass perspektivisch auch haradi (und arabische israelis) zum militär eingezogen werden sollen. zumindest ersteres ist bereits seit sehr langem in der diskussion und hat immer wieder zu aggressiven protesten geführt. und während um das thema weiter rumgeschlich wird, sind bereits 242 soldaten in gaza gefallen seit dem 27. oktober 2023 und die zeiten für den aktiven armeedienst soll auf drei jahre erhöht sowie die reserve verlängert werden,