ich sah gerade ein live-video-interview mit Viki Cohen, der Mutter von Nimrod Cohen, der nach wie vor in gewalt der hamas in gaza ist. es gibt seit ein paar tagen einen neuen vorschlag für einen deal, mit dem zehn lebende und 18 tote geiseln zurück kommen könnten, erst heißt es, dass hamas dem postiv gegenübersteht, dann, dass ihre forderungen zu änderungen nicht umsetzbar seien und jetzt, dass ein deal morgen verkündet werden könne. die familien sagen, alle müssen sofort raus und sie haben recht, es sollte keine weiteren unterschiede gemacht, niemand mehr zurückgelassen werden. aber darum scheint es in den verhandlungen gar nicht zu gehen, es ist bestenfalls eine positionierung, die den familien zugestanden wird. vor ein paar tagen sagte jemand zu mir am telefon, warum man denn nicht zuerst dafür sorgt, dass die noch lebenden rauskommen, die anderen seien ja schon tot und ich habe völlig die fassung verloren, in einer weise und mit einer heftigkeit, die mich noch stundenlang beschäftigen wird.
ich lese ‚das land das ich dir zeigen will‘ und es ist ein wunderbares buch (bisher), auch wenn ich noch nicht so richtig weiß, worum es gehen soll. aber es ist wie nach hause kommen (bisher) ab s. 42 gibt es eine lange passage zur central bus station und sie ist zum einen so, wie man eben über den ort schreibt (und dafür nicht dagewesen sein müsste) und zum anderen denke ich, wie man aus den darstellungen ablesen kann, wann sie da war und ich gleiche alle orte, über die sie schreibt, in meinem kopf mit erinnerungen ab und dann habe ich jedes mal heimweh. ed. schickt mir ein bild, dass sie das zimmer mit mir getauscht hat.
nach dresden gefahren. von dresden nach chemnitz gefahren. als der zug in tharandt hält, erinnere ich mich daran, dass ich mal einen freund hatte, der manisch depressiv war und immer mal nach tharandt ging, wenn es besonders schlimm wurde. der hat mir mein hochbett gebaut, weil er war zimmermann und ein guter typ und ein bisschen war es eine zeit, in der ziemliche viele menschen gute dinge für mich getan haben. jedenfalls ein sehr schönes, sehr massives bett, aus phantastischem holz. das hat er geklaut, am helllichten tag, von einem holzlagerplatz mitten in der stadt. das hat mich sehr beeindruckt und nur wenig nervös gemacht, aber ich habe ihn gefragt, ob das eine gute idee ist und er hat geantwortet, was soll passieren, wenn jemand kommt, würde er sagen, dass er manisch ist. und dann hat er das bett gebaut, zwei tage und eine nacht und wollte kein geld. orte und erinnerung. wie komisch das manchmal ist.
gefühlt ein date gehabt. bis morgens um halb 5 auf einer straße gesessen und wein getrunken und geraucht und gelacht und geredet. und die sonne fing an aufzugehen und es war stundenlang kein mensch außer uns zu sehen. ein paar stunden später bekomme ich eine nachricht und ich denke daran, dass lj. mal sagte, dass man am nächsten tag eine nachricht bekommt, wenn er interessiert ist. und ich weiß nicht, ob wir immer noch in dem alter und einer welt sind, in denen wir uns solche regeln bauen, aber in seiner nachricht stand, dass es für ihn die schönste und intensivste nacht seit langem war.
die synagoge in herford scheint immer noch geschlossen zu sein. das erste mal habe ich es vor 17 tagen gelesen. jetzt berichten zwar einige medien mehr darüber, aber immer noch auf die gleiche weise, nämlich die, als wäre es gerade entschieden worden. offenbar kam bisher niemand von diesen journalist:innen darauf, mal die polizei zu befragen, oder den bürgermeister, politiker:innen oder erinnerungskulturell-engagierten, die immer stolz und selbstüberzeugt davon sprechen, dass diese gebäude auf den willen zu bleiben verweisen.
das roskilde festival gibt seine orange donation, also seinen gewinn, dieses jahr an das rote kreuz, das damit nothilfemaßnahmen der palestinian red crescent society in gaza finanziert. auf dem festival spielten fontaines d.c. die sich mit kneecap und bob vylan solidarisierten, fahnen mitgebracht hatten, ihren namen in rot, weiß, grün leuchten liessen, parolen gröhlten und gegen ende ihres auftritts palästinensische “aktivist:innen” auf die bühne holten. damit haben sie aus ihrem konzert eine pro-palästina-demo gemacht, lese ich immer wieder. niemand kritisiert es. alle schreiben zwar über die auftritte und slogans, die als besonders radikal oder taboo-brechend wahrgenommen werden, aber niemand scheint ein problem damit zu haben, dass diese leute zu diesen veranstaltungen eingeladen werden und damit riesige bühnen – im wortsinn – für ihren israelfeindlichen, antisemitischen dreck bekommen. und mediale aufmerksamkeit kriegen dann sowieso nur eine handvoll bands und äußerungen, und ich wage mal den verdacht, dass sie nicht die einzigen sind. eingeladen in roskilde war zum beispiel saint levant, der eine rede dazu hielt, dass es einen genocide gäbe und er dankbar und erfreut sei, dass sich die menschen global nun auf die richtige seite der geschichte stellen mit ihrer unterstützung für palästina.
das ehepaar nethanjahu war vor einigen tagen in nir oz. getroffen haben sie unter anderem Einav Zangauker. und umarmt. andere protestieren; Rauma Kedem zum beispiel, deren tochter, schwiegersohn und vier enkelkinder am 7. oktober ermordet wurden. oder Danny Elgart, dessen bruder Itzik in geiselhaft ermordet wurde und der vor einigen tagen seinen 70. geburtstag gehabt hätte. Guy Iluz wäre heute 28 jahre alt geworden. er erlag vermutlich in einem krankenhaus in gaza den wunden, die ihm terroristen am 7. oktober zugefügt hatten und die dann nicht versorgt wurden. seine familie und freund:innen hatten bis dezember 2023 noch gehofft, er würde leben. hamas hat seine leiche nach wie vor nicht an israel übergeben. die familien von Maxim Herkin und Bar Kuperstein haben den medien erlaubt, eine kurze sequenz aus einem video zu zeigen, das hamas im april veröffentlicht hatte. kan 11 hat den film ’52 Days’ gezeigt, in dem Renana Gome Yaakov und ihre beiden söhne Yagil und Or über die ereignisse des 7. okobers in nir oz sprechen, die beiden jungs, damals zwölf und 16 Jahre alt, berichten von ihren erfahrungen als geiseln in gaza, Renana von ihren ängsten und ihrem kampf für die freilassung. gezeigt werden videos und fotografien, die die terroristen machten, gesprochen wird von den mißhandlungen, denen beide ausgesetzt waren. Ohad Ben Ami berichtet in der knesset über seine gefangenschaft in gaza und unter anderem darüber, dass terroristen sechs der geiseln zwingen wollten, zu entscheiden, welche drei von ihnen erschossen werden sollen.
der iron dome soll 86 prozent der raketen aus dem iran abgefangen haben.
den ersten preis des press-cartoon-belgium-wettbewerbs gewann in diesem jahr gérard alsteens mit der zeichnung einer landkarte von israel. die umrisse des eingangstores von auschwitz-birkenau sind auf die des gazastreifens gelegt. die italienische supermarktkette chain hat ihre entscheidung, israelische lebensmitte zu boycottieren, zurückgenommen. die international sociological association hat die israeli sociological association suspendiert. in melbourne steckt am freitag, gegen 20 uhr ortszeit, ein mann eine synagoge in brand, in der sich zu diesem zeitpunkt 20 menschen, unter ihnen kinder, befinden. kurz danach stürmen 20 markierte ein israelisches restaurant in der stadt, zerstören fenster und inventar, bedrohen gäste und rufen unter anderem “death to the idf”. und in der mitte der nacht werden drei autos angezündet und die wände eines nebenliegenden geschäftes beschmiert, das bereits wiederholt ziel pro-palästinensischer angriffe war. reels bei facebook spült mir vor ein paar tagen ein bescheuertes video von wayne carpendale in die timeline, in dem er einen bescheuerten und misogynen dialog mit sich selbst führt und als eine der beiden figuren hat er ein pali-tuch um seinen kopf geschlungen. das ganze hatte inhaltlich nichts mit gaza, israel oder palästina zu tun. statement als symbolisches bild. oder was weiß ich.alles normal. macht man jetzt halt so. the underground youth legen das shirt “what kind of dystopian hellhole is this” wieder auf, um gelder für doctors without borders zu sammeln. sie sagen es nicht explizit, aber ich würde mich doch sehr wundern, wenn es nicht vor dem hintergrund der äußerungen der organisation zur situation in gaza und zur förderung ihrer dortigen arbeit ist. “we will dance again” hat einen emmy als beste dokumentation gewonnen.
gestern hat england gegen frankreich verloren. es ist nahezu unmöglich, einen ort zu finden, an dem wir gucken können. entweder es wird gar nicht angeboten, oder, wie gestern, er ist frequentiert von palituch-hipstern. als ich freitagabend die hermannstraße entlanggehe, komme ich an einem fest der linken vorbei, der zaun ist mit palästinafahnen geschmückt. einen tag später, mittags, sitze ich in einem nebenliegenden cafe. irgendwann kommt eine gruppe an, sehr erwachsene menschen, die offensichtlich eine exkursion machen, wissenschaftler:innen vielleicht oder so. mindestens die hälfte von ihnen trägt einen button, der eine palästinafahne ist, das rote dreieck wird als blutstropfen verlängert. in meinen straßen gibt es immer mehr fahnen von balkonen und aus fenstern. es hat noch einmal zugenommen. deutlich. eine andere beklemmung stellt sich ein. das gefühl, das räume immer kleiner werden, enger. es erinnert mich an cottbus. aber es ist irgendwie anders. theoretisch müsste es weniger anspannung sein, weil ich als person nicht bedroht bin, weil man mir jetzt im unterschied zu damals nichts ansieht. aber merkwürdigerweise empfinde ich es als beängstigender, fühle mich auf eine weirde art bedrohter, eingeschlossener. und irgendwie komme ich nicht darauf, dieses gefühl zu beschreiben mit vernüftigen nachvollziehbaren gedanken. vielleicht weil irgendwas nur wabbert. nicht fassbar ist. vielleicht weil es so viele facetten hat. gewalttätige und so viele kleine, die präsenzen schaffen und den raum gestalten. vielleicht weil es optisch und in der szene sehr oft die menschen sind, denen früher meine solidarität gehörte, mit denen ich mein leben verbrachte, die meinen rahmen gebildet haben, meine sicherheit waren. in leipzig wird ein mann mit einem messer angegriffen, der eine kleine israel-fahne an seinem rucksack hat. ich traue mich nicht, ein neues und schönstes kleid anzuziehen, bei dem man mein hebräisch geschriebenes tattoo sehen würde. in dem cafe kommt eine junge frau zu meinem tisch, um mir zu sagen, dass sie bei der buchvorstellung war und sich bedanken will, weil es so schön war und sie zum ersten mal wieder ein bisschen hoffnung hatte. oasis haben ihre ersten konzerte gespielt. ich habe geguckt, was tickets auf dem freien markt kosten.