or. fragte mich gestern abend, ob es nicht traurig ist, hier in der bibliothek zu arbeiten und dabei immer über den hostage square gehen zu müssen und ich antworte, dass ich mit meiner traurigkeit gut an traurigen orten aufgehoben bin. er erzählt mir auch, dass er vor unserem treffen ein transistorradio gekauft hat, und ganz viele konserven. dass er angst hat, weil hizbollah noch viel krasser zuschlagen kann und wird, als hamas. dass ihre raketen präziser sind und es die wahrscheinlichkeit gibt, dass sie die stromversorgung lahmlegen werden und weil er eine ganz kleine tochter hat in einem geteilten parenting-modell mit einer frau, die am anderen ende der stadt lebt. die tage vergehen, aber die zeit ist gefroren. es ist 7. oktober und es ist warten auf den nächsten krieg. dabei sind heute morgen bereits 100 raketen im norden gemeldet worden und man, also in dem fall ich, mag sich nicht vorstellen, was da noch alles möglich ist. mein haus hat keinen schutzraum. aber ein bisschen ist meine wohnung selbst vielleicht wie ein bunker. so richtig kann ich mich nicht entscheiden, mich selbst ein bisschen besser vorzubereiten, auf das, was da kommen könnte.
anschließend ein paar stunden mit einer kleinen gruppe von menschen aus deutschland verbracht, die auf einer solidaritätsreise hier sind. das gibt es nicht so oft, glaube ich. jemand sagt, er habe das vertrauen nicht nur in israels politik, sondern auch in seine armee verloren. und ich denke, wie wichtig es für mich war, auch deshalb und trotzdem wieder hier zu sein. dieser schock, dieses das-hätte-nicht-passieren-dürfen, nicht zum alles bestimmenden gedanken zu machen. wenn es passiert ist, kann es wieder passieren. aber man muss auch so tun können, dass es das nicht wird. aber ich weiß nicht, ob es (so) funktioniert.
diese geschichte mit den roten ceasefire-now-pins bei den oscars – und offenbar zuvor schon bei den grammys – ist noch ekelhafter als sowieso: das symbol roter hände hat zum einen bedeutung im zusammenhang mit dem barbarischen mord an Vadim Nurzhitz und Yossi Avrahami, zwei reservisten der IDF, die versehentlich am 12. Oktober 2000 nach ramallah gefahren waren, von polizisten der palästinensischen autonomiebehörde zu einer nahegelegenen station gebracht und verhört wurden, während sich draussen ein mob von mehr als 1000 männern versammelte. ein dutzend von ihnen konnte in das gebäude eindringen und schlug und stach auf die beiden soldaten ein, rissen ihnen körperteile abb und organe raus, bevor sie sich einer der täter mit blutverschmierten händen der johlenden menge zeigte. und zum zweiten spielten rote hände eine rolle bei einem pogrom (als farhud bezeichnet) am 1. und 2. juni 1941 in bagdad: in der nacht wurden häuser von juden:jüdinnen mit roten händen markiert. der arabische mob ermordete an beiden tagen mindestens 180 bis 600 von ihnen, verletzte rund 1000 weitere, vergewaltigte und verstümmelte jüdische frauen, zündete wohn- geschäfts- und synagogenbauten an.
Gadi Moses, seit dem 7. Oktober in der Gewalt der Hamas, wird heute 80 Jahre alt.
ich würde gern einen neuen flug buchen, aber ich traue mir in meiner furcht vor den preisen, nicht die elal-seite zu öffnen. die angst, nicht zurück zu können um eine neue facette erweitert. denn die situation bedeutet ja auch, dass man nicht einfach auf irgendwelche abenteuerlichen, ewig langen, aber bezahlbaren flugrouten ausweichen kann.