gestern nacht sprach unter anderem Andrei Kozlov, der anfang juni als eine von vier geiseln durch die idf befreit werden konnte, auf der demonstration über seine zeit mit Alexander Lobanov in den tunneln in gaza und über ihre unterhaltungen, ihre hoffnungen, frei zu kommen, über das glück, dass sich der wunsch für ihn erfüllt und über den horror, dass Alexander Lobanov nicht lebend freikam. es soll die größte demonstration in der geschichte israels gewesen sein. zeitgleich wurden auf dem dizengoff square kerzen für die ermordeten angezündet, elf monate nach dem angriff. es schichten sie immer mehr bilder und erinnerungszeichen über den rand des brunnens und wir stellen die kerzen dazwischen. menschen treffen und umarmen sich. sie sind vor allem sehr jung, aber immer wieder kommen auch familien, großeltern vielleicht, eltern, geschwister, zu zweit oder in größeren gruppen. bei vielen wirkt es auch wie ein wiedersehen.
ich weiß nicht, ob es stimmt, aber nachts ist die stadt viel dunkler als ich sie erinnere. auf dem weg nach hause getraue ich mir zum ersten mal und endlich, im lieblingseisladen zwei kugen goat chease ice zu bestellen und meine sucht nicht mehr zu verstecken. die lieblingsbar hat mittlerweile undurchsichtige öffnungszeiten. nicht nur, dass sie kaum besucht ist, die umwege, die ich nehme, um meinen tag zu beenden sind erschreckend oft vergebens.
si. getroffen, park und kaffee und spielplatz. lange zusammen gesessen und unter anderem über das weggehen gesprochen und ihre entscheidung, zu bleiben, nicht nur, weil sie und ihr mann die drei kinder nicht aus ihrem umfeld und in eine flüchtlingssituation zwingen wollen, sondern auch und vor allem weil sie sich nicht (mehr) trauen würden, ihre kinder in deutschland in der öffentlichkeit hebräisch sprechen zu lassen. sie sagt, man müsse sich jetzt eben auf zwei oder so unsichere jahre einstellen, die probleme mit flügen usw. immer mitdenken, und dann würde das schon gehen, das bleiben. sie sagt aber auch, wie hoffnungslos alles ist, und wie verloren und dass sie das denkt, ohne regelmäßig nachrichten zu hören. wir können uns problemlos darauf einigen, dass es über die monate noch verzweifelter geworden ist. und sie teilt meine beobachtung, dass man kaum noch über die situation spricht, versucht sie zu beschreiben oder zu erklären, das eigene denken und empfinden jemandem verständlich zu machen. es ist wie abgrund. alles. ich überlege, dass ich zu viele worte, die ich jetzt brauche, zu früh verwendet habe, um das hiersein im winter/frühjahr zu beschreiben und dass jetzt in meinem kopf zu viele schranken sind und ich einfach nicht mehr weiß, wie ich was noch sagen soll. danach im archiv gewesen und wieder gescheitert im erklären, warum ich hier bin und warum ich trotzdem hier bin. menschen freuen sich, mich wiederzusehen, aber es gibt kein verständnis mehr dafür, dass jemand noch kommt.
endlich ein bisschen gearbeitet. viel gelesen. kinder von hoy. dafür, dass ich diese bücher als gattung schwierig finde, gefällt mir vieles sehr gut. trotzdem bleibt es mir fremd, dahingehend auch erstaunlich, dass ich nur zwölf kilometer entfernt aufgewachsen bin. das musste ich googlen, erwähnenswert ist, dass bereits das auftauchen und die verortungen der namen mir ekel in den körper spülen.
Roger O’Donnell hat vor einigen tagen seine krebserkrankung und -behandlung öffentlich gemacht. auf instagram ist der post noch zu finden, von twitter hat er ihn gelöscht, nachdem er massenhaft von sogenannten impfgegner:innen angegriffen wurde.
an der University of Toronto schützen seit semesterbeginn JForce Security und Magen Herut Canada jüdische studierende auf dem campus.