20240822, abends

es ist schwer, zu schreiben. weil wenn ich schreibe, dann muss ich darüber schreiben, dass vorgestern morgen die leichen von Alex Dancyg, Yagev Buchshtav, Chaim Peri, Yoram Metzger, Nadav Popplewell, und Avraham Munder in einem tunnel in khan yunis gefunden und nach israel zurückgebracht wurden. bis zu dem tag war man davon ausgegangen, dass Avraham Munder noch lebt. alle waren lebend entführt worden und heute konnte man lesen, dass alle sechs kugeln in ihren körpern hatten, also von hamas oder anderen erschossen worden waren. abends gab es eine kleine, sehr traurige kundgebung am hostage tent. auf vielen der schildern stand סְלִיחָה . und es waren vor allem frauen da. und davor hatte ich immer wieder in der stadt kleine gruppen von jungen menschen gesehen, die mit gelben bändern ihre augen verbunden hatten und auf zentralen plätzen saßen. gestern morgen auf dem weg zum bahnhof stand ein junge an einer befahrenen kreuzung und hielt ein schild mit dem dem foto von omer neutra hoch.

mich in tlv mit si. getroffen und sie fragte mich, ob etwas anders ist seit märz und ich versuche zu beschreiben, dass die traurigkeit und die verzweiflung noch düsterer sind, noch brutaler, schwärzer. ich weiß nicht, wie man es beschreiben soll. es ist abgründiger, härter. aber woran mache ich das fest? mein hier-sein fühlt sich anders an als im frühjahr. ich bin mit anderen fragen konfrontiert. sowohl in meinem kopf, aber auch von außen. ich habe wenige antworten darauf, sowohl in meinem kopf als auch nach außen.

ich habe schon mal beschrieben, dass ich früher immer diese abgrundtiefe angst hatte, die tage vor meiner abreise, dass ich nicht wieder kommen kann. jetzt treffe ich immer wieder menschen, die hier leben, die mir sagen, sie können das land nicht verlassen, weil sie angst haben, nicht zurückzukommen. und immer wenn ich das höre, klickt etwas in mir, verbinden sich diese worte mit einem gefühl, dass mich seit so vielen jahren begleitet. mit einer irrationalen angst, die ich irgendwo abgespeichert habe. vor ein paar tagen schrieb mir jemand aus deutschland, dass ich doch immer gehen könnte, das meine situation eine andere wäre als die derjenigen, die das nicht können. das stimmt, aber es verkennt so viel von der konkreten situation. und mir fehlt die kraft, das jemandem zu erklären, der:die denkt, es ginge nur ums sichersein/sich in sicherheit bringen.

mein körper streikt ein bisschen ob der hitze. ich habe endlich die manuskript-dinge an den verlag geschickt und dazu eine mail über meine unzufriedenheit. abwesenheitsnachrichten als antworten. also warten. es geht nicht zu ende. und ich weiß nicht, wie es zu ende gehen soll. es zieht sich und es quält mich.

Agam Berger hat heute ihren 20. geburtstag. Avera Mengista, der nun seit mehr als zehn jahren in gaza gefangen ist, seinen 38. Romi Gonon wurde vor vier tagen 24. die eltern von hersh polin-goldberg sprachen gestern auf dem kongress der demokraten.

es ist so schwer zu schreiben. und es ist so schwer zu denken.