Kategorie: Uncategorized

20240203

vorgestern nacht stand ich in der küche und dachte plötzlich, dass ich, wäre der 7. oktober nicht gewesen, sehr wahrscheinlich (erst einmal) nicht nach israel zurückgekehrt wäre.

nachdem ich im mai 2023 wieder in deutschland war, hatte ich zum ersten mal seit mehr als 12 jahren kein neues ticket gebucht, keine zeit eingeplant und beides auch in den kommenden monaten immer wieder herausgeschoben, manchmal mit ausreden: zu viel arbeit mit notwendiger anwesenheit in deutschland, kein längerer zeitraum ohne verpflichtung, nicht mitten im sommer, manchmal auch ohne ausreden. wem schulde ich schon antworten. die jahre davor waren bereits voller zweifel. ich wusste zu viel von der realität und habe es erst auf die erzwungene pause durch corona geschoben, auf den schmerz nachdem a. mich verlassen hat, darauf, dass alles so wahnsinnig teuer ist und der aufwand, es mir zu ermöglichen, in keinem verhältnis stehen. ich habe in sehr schlechten wohnungen gewohnt und in schwierigen nachbarschaften. ich habe eine art von elend gesehen, dass ich manchmal nicht aus dem haus gehen wollte. ich habe nicht mehr gewusst, womit ich es rechtfertige, womit ich mich rechtfertige. und als dann die proteste der demokratiebewegung hinzukamen und ich in kurzer zeit so viel über die politischen veränderungen lernen musste, kam hoffnungslosigkeit hinzu, angst vor der gegenwart und vor der zukunft und zum ersten mal das gefühl, nicht dazuzugehören, weil ich einfach keinen weg gefunden habe, mich tatsächlich an den protesten zu beteiligen. ein paar nächte vor der nacht vorgestern saß ich mit einem freund in einer dunklen bar und hörte ihm zu, wie er davon sprach, nach tel aviv zu gehen, eine weile dort zu wohnen und zu arbeiten. nach dem krieg natürlich. wie anders es dort wäre, wie positiv, lebendig, kreativ, aufregend, offen, intensiv. ich erinnerte mich daran, wie sich das anfühlt, die stadt so zu sehen, und mit diesem hunger in ihr zu leben. wie high ich immer war, wie voller ideen und projekte und gedanken. wie wenig ich geschlafen habe, aus angst, etwas zu verpassen. wie gierig ich war. wie alles aufregung war und gut. es war viel schwerer. und es ist viel schwerer seit jahren. ich glaube, mir wurde (lange) nicht zugestanden, das so zu sehen; in israel nicht, weil ich doch nur temporär da bin und weil ich die stadt doch so liebe, in deutschland nicht, weil dort doch die sonne scheint, das essen besser ist und ich die stadt doch so liebe. an beiden orten nicht, weil es mir immer besser geht, wenn ich in tel aviv bin. manchmal dachte ich, ich möchte sätze über komplexe innere gegebenheiten schreien.

wie unwichtig all diese dinge jetzt sind. wie ich runtergerissen bin von diesem strudel. wie es keinen boden gibt.

seit 120 tagen

auch ich habe keinen anderen ort, an den ich gehen kann. das bedeutet definitiv etwas anderes als für (viele) juden:jüdinnen, aber es ist trotzdem irgendwie wahr.

seiten tagen wird ein deal öffentlich behandelt, nach wie vor offen sind die genauen konditionen und ob hamas zustimmen wird, mal sieht es gut aus, mal nicht. zudem wird erneut die debatte geführt, welchen “preis” man für die geiseln bereit ist zu zahlen. die zahlen freizulassender palästinenser sind hoch und auch wenn ich definitiv denke, dass alles zu tun ist, was für ihre rückkehr notwendig ist, ist mir schwindelig allein bei der vorstellung. und während einerseits nachgewiesen wurde, dass mitarbeiter der unrwa an den massakern des 7. oktobers beteiligt waren und einige der geldgeberstaaten endlich (!!!) bereit waren, die zahlung von geldern einzufrieren, möchte Asmund Aukrust, mitglied der labor party und des norwegischen parlaments die organisation mit dem friedensnobelpreis ausgezeichnet sehen. und bisher 1005 schwedische künstler:innen haben sich mit ihrer unterschrift unter einem “offenen brief” entblödet, den ausschluss israels vom diesjährigen esc zu fordern, der in malmö stattfinden wird. ich weiß nicht, ob sich jemand das fragt, aber “ja, es geht immer noch irrer” ist die antwort. und in berlin wird von der antisemitismusklausel wieder abstand genommen und die documenta, überhaupt die gesamte kunstfreiheit müssen in ihrem recht ge-saved werden, israel zu kritisieren.

20240130

mich bei einer datingapp angemeldet, weil ich seit tagen nicht aufhören kann, darüber nachzudenken, dass einsamkeit das gehirn verändert. dabei habe ich eigentlich gar keine klare vorstellung davon, ob ich “einsam” bin oder nur eben zu gern allein und vor allem viel zu gern unabhängig und mir schlicht nur manchmal jemand fehlt, der mich fragt wie es mir geht und ob ich etwas essen möchte. am samstag bei der party hat mir jemand erzählt, dass er gerade eine neue, nicht unkomplizierte geschichte mit einer frau hat und es genießt, die zeit und den freiraum zu haben, sich damit zu beschäftigen. das hat mir gefallen und plötzlich habe ich gedacht, dass ich auch gern die zeit und den freiraum hätte, mich mit einer andere person wirklich zu beschäftigen. aber vielleicht verwechsle ich das auch mit irgendetwas, dass ich früher mal für eine wahrheit über mich hielt. oder auch damit, dass ich vielleicht gern die geduld und das interesse hätte, mich mit einer andere person wirklich zu beschäftigen. obwohl mir zugleich vor ein paar wochen ein in einem film gehörter satz in den knochen sitzt. der mir heute schon wieder völlig unerinnerte protagonist sagte, er wünscht sich, dass sich auch einmal jemand nur für ihn entscheidet. lässt mich nicht mehr los. würde vielleicht doch einfach auch gern besonders gemocht werden. traurig.

mich von der datingapp wieder abgemeldet. offenbar darf man nicht mitmachen, wenn man nur ein photo hat, das man von sich zeigen möchte.

20240124

tage, an denen ich nicht den ganzen tag nachrichten ansehe oder wenigstens in dichter folge aufrufe, sind merkwürdige tage und weniger entspannend, als sie versprechen zu sein. die angst, dass etwas passiert ist, von dem man erst stunden später liest, ist anstrengend, glaube ich. keine ahnung, vielleicht reicht auch ein tag einfach nicht, um entspannt zu sein.

mit meiner zahnärztin über die situation in israel gesprochen und darüber, dass sie bisher gar nicht wusste, dass so viele ihrer patient:innen (ehemalige) israelis sind, gearbeitet, aber viel zu unkonzentriert gewesen, mir eine umarmung gewünscht und undefinierten trost, aber das fällt mir auch erst jetzt, stunden später auf. es trotz gld-streik vom wedding ins about blank in rund einer halben stunde geschafft, mich kurz wie eine heldin gefühlt. der security-typ am einlass wünscht mir “viel spass” und ich bin so irritiert, dass mir keine antwort einfällt, nur unsicherheit, ob ich am richtigen ort zur richtigen zeit bin. im hinterhof in einem zu vollen raum in der ersten reihe sitzend don’t look away. the Nova Festival massacre gesehen, zwei überlebenden zugehört, geweint, nach hause gefahren und nudeln gekocht. über y. nachgedacht, der den holocaust überlebt hat und mir heute morgen davon schrieb, wie es ist, nun damit zu leben, dass all seine arbeit, all sein forschen, reden, schreiben, lehren, denken, umsonst gewesen ist.

scheinbar kein deal in sicht.

20240123

heute morgen, noch vor dem aufstehen, sehe ich ein kleines video von der hochzeit von Yarden und Shiri Bibas; einen kleinen und sehr intimen zusammenschnitt des tages. ich addiere ihn zu den vielen bildern, die ich mittlerweile von den geiseln und ihren angehörigen in meinem kopf habe; eine weitere geschichte, ein weiteres mehr an nähe. es gibt einen grundsätzlich anderen umgang mit den zivilen opfern von terroranschlägen oder mit gefallenen soldat:innen, getöteten politist:innen etc. in israel. die namen und bilder werden jeweils sehr schnell in die öffentlichkeit getragen, oft finden beerdingungen unter der anteilnahme einer öffentlichkeit statt und immer wieder gibt es verbreitete aufforderungen, angehörige im rahmen einer schiv’a zu besuchen und zu unterstützen. man kennt die toten nicht, aber man kennt sie, weiß um ihre geschichten, familien und/oder hoffnungen. oft bleibt dieses wissen über jahre bestandteil der eigenen karte, nicht selten kann man terroranschläge nicht nur mit konkreten orten verbinden, sondern auch mit konkreten namen. es ist teil von etwas, das zum sozialen gedächtnis gehört. dies ist sehr anders als in deutschland. ich erinnere mich daran, dass nach dem anschlag auf den weihnachtsmarkt am berliner breitscheidplatz unendlich viel zeit verging, bis die namen der 13 ermordeten opfer überhaupt in die öffentlichkeit gelangten. man wusste sehr schnell sehr viel über den täter, und erinnert bis heute kaum etwas von den opfern. ein bisschen ist das vielleicht wie bei der öffentlichen wahrnehmung und vermittlung der rechtsextremen/rassistischen anschläge und morde in den 1990er jahren; aber irgendwas funktioniert an dem gedanke doch wieder nicht richtig. aber vielleicht auch nur für mich nicht, weil ich eben dann doch sehr viele namen opfer rechter gewalt kenne. geändert hat sich dies in deutschland erst mit dem antisemitischen anschlag in halle im oktober 2019 und dem anschlag in hanau im februar 2020. besonders letzterer hat aus meiner sicht – endlich – das erinnern verändert, die namen und gesichter und geschichten präsent gemacht und dabei unter anderem auch in die städtischen räume vieler städte getragen. dies ist nie genug, natürlich. und ich mag mich eigentlich nicht, wenn ich etwas, das selbstverständlich sein sollte, betone, wenn es dann endlich doch mal stattfindet.

und dann fällt mir beim lesen in deutschen zeitungsberichten wieder auf, wie sie es noch nicht einmal schaffen, die namen der geiseln zu nennen.

nach dem aufstehen und die folgenden stunden des tages lerne ich viel über 21 junge männer, soldaten der idf, die gestern in gaza getötet wurden, viele von ihnen reservisten: Hadar Kapeluk (23), Sergey Gontmaher (37), Elkana Yehuda Sfez (25), Yoav Levi (29), Nicholas Berger (22), Cydrick Garin (23), Ahmad Abu Latif (26), Nir Binyamin (29), Elkana Vizel (35), Israel Socol (24), Sagi Idan (24), Mark Kononovich (35), Shay Biton Hayun (40), Daniel Kasau Zegeye (38), Matan Lazar (32), Rafael Elias Mosheyoff (33), Barak Haim Ben Valid (33), Itamar Tal (32), Adam Bismut (35), Yoval Lopez (27), Ariel Mordechay Wollfstal (28). bevor ich ihre geschichten lese, scanne ich mit wenig atem namen und gesichter und gleiche sie ab mit meinen erinnerungen und meiner gegenwart. und natürlich bin ich zuerst einfach nur krass erleichtert, wenn sich keine verbindung ergibt, ich nichtmal das gefühl habe, jemanden schon getroffen zu haben. aber das ist dann, wenn überhaupt erleichterung, nur ein kurzer moment.

öffentlich werden gerade optionen für einen neuen deal besprochen. es ist etwas unklar, was genau tatsächlich verhandelt wird und von wem. aber es ist ja grundsätzlich die frage, was akzeptabel, was moralisch geboten und was moralisch vertretbar ist, was in wessen sinne durchgesetzt wird, und nicht zuletzt, mit wem man da eigentlich verhandelt. es gibt keine gewähr, dass irgendwas von dem, was hamas in aussicht stellt, tatsächlich passiert. und dabei wird die verzweifelung der angehörigen und freund:innen immer größer und lauter und schriller, während sie gleichzeitig immer mehr in sich zusammenzufallen scheinen, zerbrechlicher sind, grauer. mir scheint es, dass die darstellungen in den erzählungen freigelassener geiseln, aber auch in den flehenden forderungen der angehörigen immer drastischer werden, 109 tage, 109 fucking tage. ich kann das nicht mal schreiben, ohne dass ich schon wieder tränen in den augen habe.

ich hatte gute und verwöhnte tage in köln und der schnee ist geschmolzen.

20240121

die zeit vergeht und mir fehlen die gefühle dafür. die müdigkeit, die ich schon in tel aviv hatte, hat sich verstetigt. so schlimm, dass ich manchmal nicht denken, nicht arbeiten, nicht sprechen kann. ich habe angefangen, mir sorgen zu machen, dass es doch long-covid-symptome sein könnten, an. bringt winterdepression ins spiel.

den hintergrund meiner tage hier bilden Yossi Sharabi, dessen befürchteter tod einen tag nach dem video durch den Kibbutz Be’eri bestätigt wurde, Gilad Shalit, der in kontakt zu den familien der entführten steht, Kfir Bibas, der jetzt ein jahr und drei tage alt ist. ich lese, dass die medikamente für die geiseln schließlich doch noch übergeben worden sein sollen und der preis war, dass 1000 mal so viele medizinische “kits” für die bewohner:innen gazas eingeführt werden. nicht gelesen habe ich, dass die medikamente bei den geiseln ankamen und wie es ihnen geht. ich lese von tunneln und sehe bilder aus dem einen, in dem geiseln gefangen gewesen sein könnten. ich lese von weiteren gefallenen soldaten, von auseinandersetzungen in der regierung, von erfolglosen verhandlungen, von der mutter einer toten geisel, die behauptet, idf hätte gas in die tunnel geleitet und von einem vater, der seinen am 7. oktober ermordeten sohn beerdigt hat, und jetzt erfahren musste, dass dessen kopf in einem kühlschrank in gaza gefunden wurde, nachdem terroristen versucht hatten, ihn zu verkaufen. ich schicke nachrichten nach haifa, weil mein telefon mir den raketenalarm anzeigt. ich spreche mit der freundin, deren sohn jetzt nach gaza muss und mit der anderen freundin, die aus ihrer wohnung auszieht, weil sie sie nicht mehr bezahlen kann. ich sehe bilder einer ‘friedensdemo’ in tel aviv und ich muss lachen, weil dieser irrsinn auch jetzt nicht aufhört und weil sich nach nur drei monaten dann doch wieder genügend illusionen finden.

mein alltag sind ein anderer ort und seine geschichten.

ich bin nach köln gefahren und ich bin so sozial wie es mir möglich ist. aber ich weiß nicht, wie ich es mit dem hintergrund meiner tage in einklang bringen soll. es ist ein anderes fremd-sein als fremd-sein immer war.

20240116

am sonntag zu der demonstration für die geiseln gegangen. wenige menschen, natürlich, merkwürdige route, die erstmal durch den mauerpark führte und dann teilweise durch sehr nebenseitig gelegene straßen im prenzlauer berg. wie immer habe ich niemanden unvorhergesehen getroffen, den:die ich kenne. ich weiß das schon vorher eigentlich, auch ich lerne dazu, aber ich kann mich nicht daran gewöhnen. gestern zu zwei verschiedenen menschen am telefon gesagt, wie einsam ich mich hier fühle, wie isoliert. ich verstehe die mechanismen dahinter, aber ich kann nicht fassen, dass das alles niemanden interessiert. sowieso war insgesamt die veranstaltung viel zu leise, auch, weil die organisator:innen lediglich ein megaphone hatten. es ist schon offenbar, dass es darum geht, vor allem bilder zu erzeugen, dass die eigentliche demonstration in den sozialen medien stattfinden soll, aber muss das handeln im öffentlichen raum so offensichtlich nur (noch) dafür reichen? alles in allem hat mich das also nicht nur einsamer, sondern auch trauriger gemacht als ich sowieso schon war.

ich verbringen einen tick zu viel zeit im bett und mein kopf ist augenscheinlich viel zu wattig derzeit.

am sonntag veröffentlicht Hamas ein video mit drei geiseln, Itai Svirsky, Yossi Sha’rabi und Noa Argamani. am montag dann ein weiteres, in dem Noa Argamani gezwungen ist zu sagen, dass zwei männliche geiseln tot sind, zum einen der 38jährige Svirsky, der name des zweiten mannes ist noch nicht offizell bestätigt, aber es gibt viele befürchtungen und ängste, es könnte Yossi Sha’rabi sein. Noa Argamani ist am 7. oktober vom gelände des nova-festivals entführt worden, für mich war sie die erste, deren bild ich mit einem namen verbinden konnte: das video ihrer geiselnahme, bei der sie von den terroristen auf ein moped/motorrad gezwungen wurde und verzweifelt versucht, zu ihrem freund zu gelangen, der von mehreren männern festgehalten und abgeführt wird, wurde (meiner erinnerung nach) schon in den ersten stunden in den nachrichten gezeigt, während die moderator:in gleichzeitig mit jemandem aus der familie telefonierte, der in dem gespräch die erlaubnis gab, ihren namen zu veröffentlichen. in den letzten wochen war zudem ihre mutter immer wieder in den medien, die einen gehirntumor hat und flehte, ihre tochter noch einmal sehen zu dürfen.

wie verdammt schrecklich das alles ist.

IDF gab zudem die namen von zwei weiteren gefallenen soldaten bekannt; Sergeant first class (res.) Nitzan Schessler und Sergeant major (res.) Noam Ashram, damit erhöht sich die zahl gefallener soldaten insgesamt auf 190.

währenddessen in einer anderen welt, veröffentlicht till lindemann ein musikvideo, in dem er eine frau zu boden tritt und ihre vergewaltigung andeutet. und ich frage mich nicht nur, was noch alles möglich ist, sondern auch, ob er seine zeit damit verbringt, rumzusitzen, zu -stehen und/oder zu -liegen und sich vorzustellen, wie er noch grausamer die frauen verhöhnen kann, die versucht haben, sich gegen ihn zur wehr zu setzen. ich meine, wie sehr muss man frauen eigentlich hassen? und auf wie vielen ebenen darf man das öffentlich celebrieren? (auf vielen, ich weiß)

und dann gibt es noch diese debatte unter ‘kulturschaffenden’ in berlin, die es als zu viel verlangt ansehen, israels existenzrecht anzuerkennen, dabei offensichtlich in teilen aber zu dumm sind, antisemitismus zu erkennen und/oder zu verstehen und ihn schlicht für eine diskriminierungserfahrung unter vielen halten. es ist ein desaster. alles.

100 tage

🎗️Daniel Peretz🎗️Idan Shtivi🎗️Hanan Yablonca🎗️Almog Sarusi🎗️Alex Danzig🎗️Romi Gonen🎗️Ofer Calderon🎗️Yoram Metzger🎗️Segev Kalfon🎗️Sasha Alexander Trupanov🎗️Lior Rudaeff🎗️Eitan Horan🎗️Yair Horan🎗️Amiram Cooper🎗️Itay Svirski🎗️Doron Steinbrecher🎗️Shlomo Mansour🎗️Gadi Moshe Mozes🎗️Avraham Munder🎗️Shiri Bibas🎗️Kfir Bibas🎗️️Ariel Bibas🎗 ️Yarden Bibas🎗️ David Conio 🎗️ Noa Argmani🎗️ Fernando Merman🎗️ Luis Norberto Har🎗️ Alkana Bohbot🎗️ Eli Sharabi🎗️ Tzahi Idan🎗️ Carmel Gat🎗️ Almog Meir Jan🎗️ Omer Shem Tov🎗️ Omri Miran🎗️ Avitar David🎗️ Ohad Yahalomi🎗️ Elia Cohen🎗️ Nadav Popelwell🎗️ Shlomi Ziv🎗️ Itzik Elgret🎗️ Bipin Joshi🎗️ Orion Hernandez Radoux🎗️ Eden Yerushalmi🎗️ Haim Perry🎗️ Yair Yaakov🎗️ Yosef Elzianda🎗️ Yagev Buchtev🎗️ Omer Venkert🎗️ Yoseph Haim Ohana🎗️ Gali Berman🎗️ Ziv Berman🎗️ Eitan Moore🎗️ Ariel Konio🎗️ Uriel Baruch🎗️ Nimrod Cohen🎗️ Itzik Garlanter🎗️ Rom Breselvsky🎗️ Omer Nautra🎗️ Alex Lubnov🎗️ Matan Engrest🎗️ Keith Samuel Sigal🎗️ Ran Goely🎗️ Uri Danino🎗️ Eitai Chen🎗️ Liri Elbeg🎗️ Karina Arive🎗️ Naama Levy🎗️ Daniela Gilboa🎗️ Tamir Nimrodi🎗️ Idan Alexander🎗️ Maxim Harkin🎗️ Agam Berger🎗️ Ron Benjamin🎗️ Emily Tehila Damari🎗️ Stian Svanakam🎗️ Guy Gilboa Dalal🎗️ Watchera Srion🎗️ Netafong Pineta 🎗️ Mohamed Al-Atrash🎗️ Hisham A-Sayed🎗️ Avera Mengistu🎗️ Avinan Or🎗️ Hersch Goldberg Polin🎗️ Alon Ahl🎗️ Matan Zengauker🎗️ Yossi Sharabi🎗️

We are waiting for you.

We are praying for you.

We are thinking of you.

We will not forget you-

until you come home!

🎗️
❤️
💔

20240113

den gestrigen vormittag in meinem #bringthemhome hoodie vor dem computer gesessen und israels verteidgung vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag angeguckt. ein versuch, in den niederlanden die bilder von den entführten an plakatwänden anbringen zu lassen, wurde von mehr als zehn der angefragten firmen abgelehnt mit der folge, dass keine bilder von den entführten an plakatwänden angebracht werden konnten. immerhin hat deutschland sich nun bereiterklärt, als dritte partei ebenfalls ein statemant vor dem gericht zu geben, zugunsten von israel und gegen die instrumentalisierung des genozid-begriffs.

offenbar hat israel in verhandlungen nun erreicht, dass geiseln ihre medikamente bekommen können. nach 98 tagen. angehörige der entführten und frauen von #metoounlessyouareajew haben zuletzt an der grenze kundgebungen abgehalten, während der sie unter anderem mit lautsprechern bzw. megaphonen botschaften nach gaza gerufen haben. am habima platz gibt es eine neue kunst-installation, auch am flughafen ben gurion für die ankommenden. an (viel zu wenigen) anderen orten in der welt gibt es kundgebungen. in new york zum beispiel. ich höre den ausschnitt einer rede von daniel ryan spaulding und ärgere mich, dass ich nie eine seiner shows besucht habe, als er noch in berlin war. bis jetzt habe ich noch nicht rausgefunden, ob es etwas und/oder was es für veranstaltungen in berlin gibt. aber allein, dass man sie suchen muss und es nicht einmal für mich offensichtlich ist, dass und wo etwas stattfindet, beschreibt die situation hier vielleicht zu gut.

gestern nachmittag k. getroffen und darüber diskutiert, ob es noch hoffnungen für 18jährige geben kann, mit mehr bildung nicht mehr antisemit:innen zu sein und in welchem verhältnis dies alles zu möglichen verfehlungen unserer eigenen vergangenheit steht. kann mich nicht an den moment erinnern, in dem er anfing, der positiviere von uns zu sein. es ist nicht neu. ich kann mich nur einfach nicht daran gewöhnen. er schenkt mir ein kleines buch von terry pratchett, dem tod die hand reichen; die veröffentlichung einer rede, der pratchett die er im rahmen der dimbleby lecture hielt, nicht lang nach seiner alzheimer-diagnose. ich wusste nicht, dass es dieses buch gibt. und ich weiß noch nicht, ob ich es lesen kann. zu verführerisch ist der möglichkeit, noch ein bisschen damit zu leben, dass ich ein ungelesenes buch von terry pratchett besitze.

abends in meinem #bringthemhome hoodie ein paket bei dem wirklich süssen israeli im hinterhof abgeholt. im leben besserer menschen wäre dies ein wirklich idealer moment für den beginn einer liebesgeschichte gewesen.

heute sind es 14 wochen. morgen sind es 100 tage.

20240110

beim aussteigen aus dem flugzeug schien die sonne und ich dachte: so schlimm kann es also gar nicht sein. es war dann aber doch so schlimm.

erste tage nach der rückkehr sind immer merkwürdig. einerseits ist es ganz schön, weil viele menschen sich mit mir treffen und reden wollen. es gibt eine eigene intensität im sozialen, die mich erst einmal nicht allzusehr innerlich crashen lässt. andererseits ist eine diskrepanz der realitäten offensichtlich. wie sich dinge anfühlen und wie sie schmecken. oder das man hier nicht einfach andere menschen im öffentlichen raum anspricht. das es hier oft deutlich leiser ist. früher® erschien die ersten tage in deutschland zudem alles immer lächerlich billig. aber das hat sich im laufe der zeit angeglichen. alltag kommt einem hier leichter vor. es fehlen eine gewisse anspannung und intensität, ein bewusstsein für die permante gefahr von anschlägen und gewalt. alles ist irgendwie weniger dicht. vieles an themen erschien mir hier immer lächerlich und/oder luxus; etwas, das sich verstärkte, als ich im frühjahr 2023 zurückkam. nach drei monaten protesten und gesprächen zur demokratie, zu konkreten und existenziellen ängsten um die zukunft eines landes, und damit des eigenen lebens. jetzt sind die unterschiede natürlich nochmal anders, gravierender. was genau das alles umfasst und wie ich darauf reagiere, weiß ich noch nicht genau. aber das meine geduld mit der gegenwart vieler menschen um mich herum nun noch geringer sein dürfte, ist schon klar. und dass ich mich noch fremder, noch distanzierter erlebe, auch.

es macht mich wütend, dass die situation der geiseln und die angst vor dem, was mit ihnen ist, nicht zum permanenten alltag gehört, zum beispiel.

nicht, dass es in Israel nicht auch menschen gibt, die sich nicht (mehr) damit beschäftigen wollen. am letzten abend habe ich zum beispiel einen jungen mann getroffen, in berlin lebender israeli, der, so sagte er, nur in tel aviv war, um sich zu amüsieren und mit freund:innen auszugehen. ich wollte da nicht weiter nachfragen und will das auch definitiv nicht verurteilen (und das sage ich nicht nur so), aber ich würde gern in ein paar tagen wissen wollen, wie gut das so lief. und so oder so: nicht nur, dass er der situation sowieso nicht entfliehen kann und es eine enorme verdrängungsleistung bedarf, sich zu entscheiden, die ereignisse in israel, aber allem auch die bedingungen in deutschland auszublenden, ist das seine bewusste entscheidung, für die er einen preis zahlt, während die ignoranz hier ja für viele (bestenfalls) einfach damit zu tun, dass es sie wirklich nicht interessiert.

morgens auf i24news freigegebene videoaufnahmen gesehen, die hamas-terroristen mit ihren bodycams am morgen des 7. oktober aufgenommen hatten, wie (einfach) sie die zäune, absperrungen und tore überwinden, in eine militärbasis eindringen und in einen kibbutz. wie sie straßen und wege entlang gehen, rennen und fahren, wie sie schreien, in fenster hineinschauen, schießen, granaten werfen, ein haus anzünden. man sieht nicht die tatsächliche gewalt gegen israelis, aber allein diese ausschnitthaften bilder des morgens sind so verstörend und beängstigend, dass es nicht mehr braucht, oder ich nicht mehr brauche, um wieder zu weinen.

heute morgen wurde bekannt gegeben, dass der 24jährige Elkana Newlander in gaza gefallen ist, gestern veröffentliche die IDF die namen von neun gefallenen soldaten: Sergeant Roi Tal (19), Sergeant first class (res.) David Schwartz (26), Sergeant first class (res.) Yakir Hexter (26), Sergeant first class (res.) Gavriel Bloom (27), Master Sergeant (res.) Amit Moshe Shahar, (25), Captain (res.) Denis Krokhmalov Veksler (32), Captain (res.) Ron Efrimi (26), Sergeant Major (res.) Roi Avraham Maimon (24) und Sergeant Major (res.) Akiva Yasinskiy (35). Insgesamt sind es nun 186.

20240109, sehr früh morgens, eigentlich noch nachts

2008 erschien leon de winters roman “recht auf rückkehr” und wie alle leon de winter romane habe ich ihn in weniger als 24 stunden durchgelesen. das buch hat mir so eine angst gemacht, dass ich wenige tage später einen flug gebucht habe und zum ersten mal alleine nach israel geflogen bin. es klingt abgedroschen, aber ich musste nachsehen, dass noch alles da ist. ich war rund zwei jahre vorher schon mal in jerusalem gewesen, mit einer freundin, die lange in der stadt gewohnt hatte. in tel aviv war ich von dem moment an verliebt, als wir bei einem kurzen ausflug das auto an der kreuzung ben gurion blvd. / dizengof verließen. ich wusste es einfach. wie in jeder klischeehaften geschichte.

diese komische angst hat mich fast nie wieder verlassen. fast jedes mal, wenn sich der flug nach berlin wieder nähert, kriecht sie in meinen körper. sie lähmt mich immer ein bisschen. und manchmal macht sie mir das atmen schwerer. fast egal wie oft ich weggeflogen bin und fast egal wie oft ich wiedergekkommen bin. einmal war sie weg: ich hatte ein engmaschiges hin- und herfliegen etabliert und anfang märz 2020, sachen dagelassen und mich von menschen nicht verabschiedet, nur gesagt: in vier wochen bin ich wieder da. und als der mensch, in den ich damals verliebt war, mir schrieb, ich solle nicht ins flugzeug steigen, lachte ich ihn aus und sagte, er soll sich nicht so anstellen. rd. eine woche später wurden die grenzen geschlossen.

damit, dass ich vor ein paar tagen angefangen habe, die sachen, die ich hier lassen will, in eine box zu packen, kam die angst schon etwas früher zurück und weniger schleichend. als ich gestern nachmittag im cafe saß, schrieb mir jemand eine nachricht über angst und hoffnungslosigkeit. und plötzlich hatte ich etwas, was vielleicht einer panikattacke nahe kam. mein ganzer körper war sich sicher, dass ich nicht fliegen soll, dass es ein fehler ist, das land zu verlassen. abends im cafe hat om. mir erklärt, dass er nicht glaubt, dass israel in seiner existenz in gefahr ist und die entscheidung des supreme court vor ein paar tagen ihm hoffnung gibt. das allein hat nicht dafür gesorgt, dass ich doch zum flughafen gefahren bin. aber vielleicht denkt ein teil von mir, dass es mir bald leid tun wird, das als gute abschiedworte hingenommen zu haben.

alle abschiede waren diesmal länger.

in guter alter übereifrigkeit eine ankunft in ben gurion drei stunden vor boarding angestrebt, auch, weil diese flüge am frühsten morgen mich nie zum schlafen bringen, und ich immer denke, am flughafen kann ich besser zeit überstehen. den taxifahrer dazu gebracht, dass wir the cure hören. vom betreten des flughafens bis kaffee bei aroma bar bestellen 13 minuten gebraucht. das wird nie mehr zu schlagen sein. der weg durch das gebäude führt immer noch an den bildern der geiseln entlang und ich denke dabei, wie wenig sich dann doch geändert hat seit meiner ankunft.

israel soll die verhandlungen um weitere freilassungen in cairo wieder aufgenommen haben.

der palestinian islamic jihad veröffentlicht ein propagandavideo, in dem Elad Katzir, bewohner von Kibbutz Nir Oz, zu sehen ist.

daily mail hat einen artikel publiziert interviews mit den familien der vier geiseln Liri Albag (18), Karina Ariev (19), Daniela Gilboa (19) und Agam Berger (19) und zeigt dazu porträts der jungen frauen vor ihrer entführung neben stills aus einem propagandavideo der hamas, angefertigt ein paar stunden nachdem sie von der idf-basis in Nahal Oz nach gaza verschleppt worden waren.

Idan Amedi wurde bei kämpfen in gaza verletzt, schwer, aber nicht lebensgefährlich.