20241012, abends

yom kippur und die entscheidung: kein telefon, kein internet. etwas von der stille diesen tages in meinen kopf bekommen. und dabei ist etwas passiert, das sogar mich erstaunt: ich weiß, was ich als nächstes machen, sprich ablenken werde. erst dachte ich darüber nach, mir möglichkeiten zu organisieren, in tages- und anderen zeitungen zu schreiben. Dann schlug ich die architekturzeitung dérive auf, die vor kurzem zum thema „die extreme rechte im stadtraum“ eine eigene ausgabe veröffentlicht hat und drei der vier texte zum schwerpunkt sind nicht nur von männern geschrieben, sondern allein von den männern, deren positionen, forschungen, arbeiten, erkenntnisse die auseinandersetzung zu dem themenkomplex dominieren, zumindest dann, wenn man sich in ihnen kritisch verhalten möchte. und dann hatte ich keine lust mehr, weder das (nochmal) zu lesen noch mich weiter abzumühen, um endlich mitreden zu dürfen. und dann habe ich mich erinnert, dass ich bereits einmal in einer solchen situation war, (kleiner funfact am rande: in der war sogar einer der o.g. männer involviert, und) in der gerade ein dfg-projekt-antrag abgelehnt worden war, was mich mit einer gehörigen portion an zukunftsangst ausstattete. lustigerweise war der moment auch in tel aviv, rund 1.100 meter von meiner jetzigen wohnung entfernt. begünstigend kam gerade noch hinzu, dass ich mich seit nun rund vier monaten mit einer buchidee quäle, die nicht vorwärts geht und von der ich jetzt denke, dass ich a) vielleicht einfach nicht gut bin, über dinge zu schreiben, die in meiner vergangenheit liegen und zwar egal, wie gut die idee ist; b) ich dies vielleicht sowieso nicht ohne therapeutische begleitung oder ein engeres netzwerk an beteiligten tun solle und c) die frage, ob das ausbreiten meiner trauma in einem öffentlichen raum unabhängig von dem punkt, wie gut ich über sie schreiben kann, nochmal ernsthafter besprochen werden sollte und das nicht nur in meinem kopf. aber ich brauchte eine ausrede, um davon zu lassen. weil was ist in meinem leben, wenn ich kein buch schreibe. so oder so: ich habe beschlossen, eins zu schreiben zu deutschem erinnern, ein bisschen mehr essay und alles rauskramen, was da seit jahren in meinem kopf ist und endlich mal mir den raum zu nehmen, damit meine ich den platz sowohl auf dem papier als auch in meinen gedanken, die dinge zu ordnen, zu überlegen und auf die weise zu setzen, wie sie mir sinn erscheinen. und endlich mal wieder aufhören, mich daran abzuarbeiten, dass andere mich nicht zu ihren partys, sprich konferenzen und sonderheften einladen. weil sie die macht haben und weil sie denken, alles wichtige dazu selbst sagen zu können.

ausserdem lange spazieren gewesen. ein paar bilder gemacht, rumgesessen und gelesen.

das telefon war trotzdem an, aus angst, dass es alarm gibt. es gab viel alarm, aber nicht in tel aviv. als ich mich wieder mit der welt verbunden habe, war unter den vielen nachrichten auch eine der idf, dass hizbollah heute rd. 320 raketen geschickt hat. in herzliya wurde ein altenheim von einer rakete getroffen, es gab keine verletzen.