den tag nicht vertrödelt, aber doch verschleppt. wohnung aufräumen und sachen packen, arbeiten. nochmal ins cafe gehen und abends dann nach tlv ziehen. wehmütig gewesen und wirklich abschied gehabt. gemerkt, dass mir die zeit zu kurz war und vorkommt und zugleich, dass meine ankunft ewig herzusein scheint. dabei wüsste ich kaum zu sagen, was ich gemacht, gesehen, gesagt habe in diesen vier wochen. aber natürlich ist sie sofort wieder da, die liebe für die stadt und das intensive gefühl von nähe, zuhause, vertrautsein, verbunden sein, dass ich mit wirklich nichts anderem herstellen kann. dabei wohne ich mal wieder in einer ‘neuen gegend’, zwischen neve tzedek und yafo, florentin, aber am rand. in einem hat-hier-jemand-bauhaus-gesagt-haus. aber in chic, jedenfalls auf den ersten blick. seit den schwierigkeiten im märz (?) erwarte ich offenbar vor allem unwegbarkeiten und habe misstrauen. was ich aber auch sofort wieder habe ist ein sozialleben und meine zeit füllt sich für die kommenden tage bereits problemlos.
die schwester schreibt unvermittelt, ob ich nicht mit ihr zu oasis gehen will und spätestens jetzt sofort will ich zu oasis gehen. also tickets bekommen. etwas vorhaben in einem jahr. gewöhne ich mich nicht mehr dran an dieses denken.
Farhan al-Qadi (oder: Qaid Farhan Alkadi, oder: Qaid Farhanal-Kaadi) ist heute schon aus dem krankenhaus entlassen worden. im times of israel podcast ging es um die situation der beduinen und den 7. oktober: acht beduinen aus dem süden des landes wurden von hamas als geiseln verschleppt, zwei waren ende november frei gekommen, einer – Samer Talalka (24) – mitte dezember mit zwei weiteren jungen männern versehentlich von idf-soldaten erschossen. die angehörigen dieser geiseln haben in den vergangenen mehr als zehn monaten nur selten mit der presse gesprochen, bis gestern wussten ihre vertreter:innen nicht einmal, wie Farhan al-Qadi richtig geschrieben wird. mir war bereits aufgefallen, dass es verschiedene varianten gestern gab und der journalist sagte, dass man erst abwarten musste, bis der name in der arabischen presse verwendet wurde (ich finde immer noch verschiedene schreibweisen, s.o.). die isolation der angehörigen in der situation sei mehrfach begründet; zum einen kulturell, weil es unmöglich und nicht üblich ist, öffentlich zu trauern oder zu klagen oder die eigenen persönlichen geschichten zu erzählen. zum anderen aber auch, weil sie sich auf niemanden verlassen können; sie haben keine unterstützer:innen. die muslimischen ländern interessieren sich nicht für sie oder sehen sie als verräter:innen, weil sie in israel leben, hier in der armee dienen etc. zugleich ist ihre situation in israel aber schwierig: viele wohnen in ortschaften, die nicht offiziell anerkannt sind. es gibt keine bunker und keine schutzräume, iron dome ist nicht darauf ausgerichtet, raketen abzufangen, die in ihre richtung gehen. dabei waren die communities selbst über die geiselnahmen hinaus stark betroffen von den angriffen am 7. oktober. es gibt sehr viele geschichten, in denen beduienen zum bsp. losfuhren, um menschen zu retten, in kibbuzim und natürlich vom nova-gelände. Youssef Ziadna zum beispiel holte mehr als 30 menschen da raus. mehr als 20 beduinen, zivil und als soldaten, wurden ermordet an dem tag, auch, aber nicht nur, bei raketenangriffen. da (sogar) ich wusste, dass unter den geiseln und unter den ermordeten beduinen sind/waren, kann man davon ausgehen, dass das immer auch in die öffentlichkeit getragen wurde, ihre gesichter und angaben zu ihren personen sind teil der bringthemhome-kampagnen, immer. zugleich war/ist mir immer auch auffällig, dass ihre angehörigen nicht präsent waren. ich hatte gestern einige ausschnitte aus interviews gesehen, die ein bruder von Farhan al-Qadi vorm krankenhaus gegeben hatte. und es viel mir sofort auf, dass und wie er allgemein von allen geiseln spricht, wie schnell er dazu kommt, die freilassung von allen zu fordern und zu wünschen. ich meine, es war (und ist immer noch) sowieso krass und berührend, ihre freude zu sehen, die erleichterung. aber das wurde irgendwie noch gesteigert, weil sie es immer selbst mit dem schicksal der anderen verknüpft haben. auch Farhan al-Qadi hat heute immer wieder betont, dass alle raus müssen, sofort.
heute dagegen wurde die leiche eines soldaten von der idf geborgen, der bereits am 7. oktober von hamas ermordet und dann nach gaza verschleppt wurde. im süden und nicht in einem tunnel. auf bitten der familie ist der name bisher nicht genannt worden.
mehr als 300 autos und tausende menschen sind heute in einem convoy von tel aviv aus nach kibbutz be’eri gefahren. morgen wollen sie nach nirim, um die familien der geiseln dabei zu begleiten, mit lautsprechern nach gaza zu rufen, in der hoffnung, dass ihre gefangenen angehörigkeiten so etwas von ihnen hören. verzweiflungen. und warum gibt es von so begriffen eigentlich keine steigerungsformen oder varianten. denn die verzweiflungen jetzt sind ja andere als vor zehn monaten, aber sie sind nicht weniger.
327 tage.
in berlin dagegen wurde das denkmal für die frauen in der rosenstraße, die sich im februar 1943 für die freilassung ihrer jüdischen männer eingesetzt haben und sie so (zunächst und viele dann dauerhaft) vor der deportation bewahrten, mit antisemitischen und pro-palästina parolen beschmiert.