20240825, nachts

heute morgen auf die weise aufgewacht, die ich die ganze zeit schon erwartet habe: 100 mal alarm auf dem telefon und besorgte nachfragen aus deutschland. noch im bett liegend, vor dem ersten kaffee und ohne kontaktlinsen versucht, mir einen überblick zu verschaffen und zu verstehen, worum es eigentlich geht. viele raketen und drohnen von hezbollah und die idf hat verhindert, dass es noch mehr werden und sie bis nach tel aviv kommen. oder so. bis frühen nachmittag gab es dann restrictions. so ein bisschen ist unklar, was es alles bedeutet und ob es weitergeht. menschen aus dem / im norden sind zunehmend sauer, weil es keine lösungen gibt, ihre orte und häuser zerstört und keine perspektiven aufgezeigt werden. wütender wurden einige nun, weil es so aussieht, als würde ernsthaft gegen hezbollah vorgegangen, wenn ein angriff auf tlv droht. angehörige der verwaltungen haben jetzt angekündigt, nicht mehr mit der regierung kommunizieren zu wollen. was klingt wie ein witz ist irgendwie ein ziemlich klarer verweis darauf, dass die dinge nicht gut laufen und dass niemand so richtig weiß, was wie gut passieren sollte. die situationen laufen auch auf dem level aus dem ruder (sagt man so, oder?).

ich bin sehr langsam in meinen dinge und bekomme wenig hin. und weil ich jetzt gleich umziehen werde, beginne ich mich darüber zu ärgern, auch, weil sich das gefühl, hier in der stadt zu sein, letzlich nicht wirklich eingestellt hat, ich zu wenig gesehen, gegessen, gesprochen, gelaufen, gemacht habe. und ich finde, ich hätte mehr volontieren müssen, meine privilegien benutzen müssen und nicht in derartige depressionen verfallen dürfen. erst in den letzten tagen angefangen, lange abendspaziergänge zu machen. gestern abend war ich zu traurig und zu ko, zur kundgebung zu gehen und das macht, dass ich mich noch erbärmlicher fühle.

es fällt mir schwer zu denken. ich versuche ein paper für eine konferenzbewerbung zu schreiben und kriege keine drei sätze zueinander. das ist alles so weit weg. so merkwürdig. mein kopf ist wattig und gleichzeitig steigt die genervtheit darüber, dass ich nicht denke und schreibe, nicht wirklich tue, kein bild von der gegenwart herstelle und mir nicht überlege, wie zur hölle es eigentlich weitergehen soll. ich denke seit zwei jahren, dass mir schon etwas einfallen oder dass sich etwas ergeben wird. weder noch, sag ich mal, und soviel dürfe jetzt sicher sein, es passiert auch nicht. weil, naja, zwei jahre.

samstag morgen gab es einen anschlag auf die Beth Jacob synagoge in der französischen stadt La Grand-Motte. wemauchimmerseidank wurde niemand verletzt. in dem zusammenhang veröffentlichte jemand auf instagram eine auflistung von 14 weiteren städten veröffentlicht, in denen es seit dem 7.oktober anschläge auf synagogen gab: el hamma, berlin. montreal, yerevan, lakewood, wien, sfax, oldenburg, moskau, warschau, rouen, vancouver, dagestan, obninsk.

700 soldaten sind nun bereits gestorben. das mit dem zählen ist schwierig, habe ich heute in einem podcast gehört, weil auch angehörige von anderen sicherheitseinheiten sterben und hinzugezählt werden. aber so oder so: zu viele.