es ist eine merkwürdige stille in dem hiersein. vielleicht liegt es einfach daran, dass winter ist. vielleicht ist es aber auch ein merkwürdiges abwarten, innehalten, unsicher sein. vielleicht fühlt sich alles nach pause an. ich stelle fest, dass es entlang der lightrail mehr sicherheitsdienste und polizist:innen gibt. ich stelle aber auch fest, dass ich nicht mehr unterscheiden kann, ob eine situation angespannt ist, ob etwas zu erwarten ist. mein sinn für situationen hat sich verändert. vielleicht. welchem gefühl kann man noch trauen. ich taste es ab. aber ich will mich nicht festlegen.
gestern in jerusalem gewesen. von einem falafelverkäufer betrogen worden und mich nicht zu wehren gewusst. das hört dann vielleicht doch nicht auf. zur western wall gefahren und zurück durch die altstadt gelaufen, die hauptwege haben sich wieder belebt, die seitenstraßen bleiben leer, geschlossen. die ansprachen der händler sind vertraut und wirken routiniert. und dabei hoffnungslos. die ausstellung “Rising from the Ashes” im Jay and Jeanie Schottenstein National Campus for the Archaeology of Israel / National Campus for the Archaeology of Israel gesehen, vielleicht als ausstellung nicht zu gut, aber vielleicht geht es nicht darum. Yael Atzmonys arbeiten im ticho house gesehen, das ich nicht kannte und das ich aber jetzt liebe und obwohl ich bilder der tafeln kannte, war es ein merkwürdig intensives erlebnis, sie zu sehen. ich habe irgendwann gemerkt, dass ich nicht gehen will, sie nicht zurücklassen will. heute mit e. die unfassbar phantastische ausstellung “The Day Is Gone: 100 Years of the New Objectivity” im tel aviv art museum gesehen, und ich weiß nicht, ob sie wirklich so berauschend schön war oder ob nach den letzten zwei jahren einfach ein solcher hunger nach solchen schönen bildern und inszenierungen da ist, dass alles per se berauscht. mir anschließend allein noch 45 minuten der 60 minuten von “Observation / The Field Observers of the Gaza Sector: A Video Installation” angesehen. am liebsten jedes wort aufgezeichnet. gewusst, dass ich über das, was ich da höre, nie sprechen werde. es deshalb so gern für einige andere mitgenommen. unzulänglichkeit ist hier und jetzt die unfähigkeit, etwas weiterzugeben, der das zeugnis nicht hört/sieht. und wieder gedacht, wie sich die vielen immer mehr vielen informationen verästeln und alles wissen immer und immer noch weiter verdichten. essen gegangen, dann “Archetype: The Architecture of Ram Karmi” besucht aus pflichtbewusstsein und gedacht: das habe ich erwartet und bin trotzdem enttäuscht. dabei zu viel daran gedacht, wie das war, damals in diesem raum, auf dieser treppe und entlang dieses weges mit a. und ich bin überrascht, dass es dann doch von all den orten unserer zeit dieser ist, der so nachwirkt. renovierung und umbau hin oder her. ihn vermisst. oder das damals. was weiß ich denn noch wo die realitäten sind. auf dem rückweg zufällig den teil der ausstellung “Judy Chicago: What If Women Ruled the World?” entdeckt, der in einer kleinen galerie in der ahad ha’am st. gezeigt wird. es ist eine merkwürdige stille in dem hiersein. und sie bleibt im durchstreifen der stadt. ich will sie in meinem kopf ausbreiten und behalten. gegen die ängste der realen situation. gegen das nicht wissen, wie entscheiden und handeln. ich weiß nur nicht wie. ich muss mich um dinge kümmern, entscheidungen treffen. ich verweigere mich. und ich habe angst.
was noch, ein paar nachträge: “A Lens of Her Own” und “October Seventh. A Space of Anguish, Loss, Anger, Memory and Sorrow” im anu. schreiben in beit ariela, kabbalat shabbat und zwei tage später das 8te licht für Ran Gvili auf dem hostage square, Vertigo Dance Company “Nona” in suzanne dellal, latkes mit n., ala rampa mit a., mehrmals das meer, shakshuka in yafa. eine woche ist schon wieder eine ewigkeit.
heute gedacht, dass es mich froh macht, zu all den 7-october-related- ausstellungen gehen zu können, dass sie sind wie yad vashem, weil sie so viele aspekte zusammenbringen und mir die möglichkeiten geben, mich zu entscheiden, welche aspekte ich hinzufügen will und welche nicht (immer alle letztlich). vor sehr wenigen wochen “Red Alert” gesehen und erst irritiert gewesen, weil es keine serie über das sterben ist und dann gedacht, dass es eben eine über das überleben an diesem tag ist. und dies ist vielleicht nicht, was mir zum 7. oktober als erstes einfällt, aber es ist dann eben ein aspekt.
bevor ich geflogen bin, gegenüber zwei menschen den scherz gemacht, dass ich hier sein werde, damit Ran Gvili zurückkommt. ich weiß nicht, ob man so einen witz machen darf. weil eigentlich ist es wie ein stechen das im körper geblieben ist. in einem körper, an dem wir nach wie vor die zeichen tragen. e. zeigt mir heute ihr armband, an ihrer jacke gibt es immer noch die schleife. es sollte nicht so sein, aber es gibt eine merkwürdige gewohnheit darin. in dem tragen, und in dem stechen, das sich eingenistet hat. wir sollen nicht damit leben lernen, aber wir haben auf eine merkwürdige weise damit leben gelernt. die bilder an den wänden der stadt sind die erinnerung an einer nahe vergangenheit. sie verblassen. aber viele auch nicht. viele sehen immer noch so aus, als hätte sie jemand erst vor ein paar tagen befestigt. vieles ist eine erinnerung geworden, es ist manchmal fast befremdlich, den raum aus einer nun anderen zeit zu durchlaufen. dass wir jetzt wissen, wie die geschichten nach den bildern weitergingen und manchmal -gehen. wenn ich ehrlich bin, dann weiß ich, dass auch ich es für irgendwas brauche, auf seiner beerdigung sein zu können. weil das gehört zu den dingen, die ich irritierend schwer fand in der deutschland-zeit: keinen raum zu haben für das innehalten, für einen abschied an denjenigen, die nach und nach von hamas an israel übergeben wurden.