Tadeusz Borowski schrieb in seinem buch ‘bei uns in auschwitz’, dass es hoffnung war, die die menschen in die gaskammern gehen ließ, weil sie bis zum ende hofften, die könne nicht wahr sein (nacherzählt aus meiner erinnerung) und daran muss ich immer denken, wenn menschen mir irgendwas mit hoffnung erzählen. ich habe immer versucht, mich diesem prinzip zu verweigern. und trotzdem gehöre ich seit wochen und monaten zu denen, die wider allen möglichkeiten hoffen, dass shiri, ariel und kfir bibas lebend aus gaza zurückkommen. vor ein paar nächten habe ich es sogar geträumt und dann war mir noch eine weile nach dem aufwachen ganz erleichtert, bis mir die realität wieder einfiel. wenn etwas so schrecklich ist, dass man es nicht fassen kann, bis es wirklich da ist. dabei verdichtet sich das schlimme: am samstag wurden Eli Sharabi, Or Levy und Ohad Ben Ami von hamas freigelassen und sie sind in einem furchtbaren zustand. als erklärte gegnerin von holocaust-gleichsetzungen denke selbst ich, dass sie aussahen wie überlebende eines konzentrationslagers 1945. es war ein unfassbarer schock sie zu sehen, ed. und ich haben uns auf ihrem sofa an der hand gehalten und muss seit dem immer wieder weinen. Eli Sharabi wurde aus Be’eri entführt, ebenso sein bruder Yossi, der im januar 2024 als geisel der hamas starb. Elis Frau Lianne und seine Töchter Noiya und Yahel wurden am 7.10. in ihrem haus ermordet. Eli Sharabi wusste dies bis zu seiner rückkehr nicht, die terroristen ließen ihn noch auf der bühne sagen, dass er sich freue, seine frau und seine töchter wiederzusehen. Eli Sharabi wurde aus dem shelter bei kibbutz Reʿim entführt, gemeinsam mit Hersh Goldberg-Polin. seine frau Eynav Levy wurde in dem shelter ermordet. beide waren erst wenige minuten vor den ersten raketen auf dem nova-gelände angekommen. sie haben einen kleinen, heute 3-jährigen sohn. Eli wusste vermutlich ebenfalls bis zu seiner freilassung nichts vom tod seiner frau. er war zudem davon ausgegangen, dass Hersh bereits freigelassen worden war. Ohad Ben Ami war ebenfalls aus Be’eri entführt worden, ebenso wie seine Frau Raz Ben Ami, die bereits im November 2023 freigelassen wurde. eine ihrer gemeinsamen töchter, Ela, die an dem wochenende zu besuch im kibbutz war, konnte überleben.
gestern abend dann die aussage von hamas, keine weiteren geiseln mehr freizulassen. eine freundin veröffentlichte nochmal einen post, den sie zu begrinn des deals geschrieben hatte: hamas wird den deal platzen lassen und es so hinstellen, dass israel schuld ist und alle werden es glauben. ich war gerade auf dem weg nach ramla zu einem treffen mit einem fotografen und ich war für alles und jedes wort zu müde. will seit dem nichts anderes, als mich auf einen harten boden legen, und mich in mir zusammenkriechen. heute morgen dann gelesen, dass trump hamas droht, der waffenstillstand ende, wenn bis samstag nicht alle geiseln frei sind. das forum der geisel-familien gibt bekannt, dass nach aussagen der IDF der 86-jährige Shlomo Mansour bereits am 7. oktober 2023 ermordet worden sei und die terroristen seine leiche in gaza festhalten. er ist die älteste der geiseln, hatte als kind 1941 das farhud massaker in baghdad überlebt und hatte sein leben später dann vor allem in Kissufim verbracht, einem 1951 gegründeten kibbutz. damit ist nun von 36 der geiseln bekannt, dass sie tot sind. er sollte in der ersten phase des deals freigelassen werden, hamas hatte nicht übermittelt, dass er nicht mehr lebt. die familie der entführten zwillinge Gali and Ziv Berman (27) hat bekannt gegeben, lebenszeichen der beiden erhalten zu haben, ohne weitere informationen zu veröffentlichen. und Idit Ohel, die Mutter von Alon Ohel gab bekannt, dass sie durch Eli Sharabi erfahren habe, dass ihr sohn lebt, aber in sehr schlechter verfassung sei, auch aufgrund von verletztungen, die ihm die palästinenser im oktober 2023 zugefügt hatten. er hatte gestern seinen 24. geburtstag.
überhaupt immer mehr nachrichten zu folter, zu hunger, zu den bedingungen, zu den ermordeten und zu dem, was die überlebenden an schmerz und trauma mit zurückbringen. es gibt kaum raum für anderes. nur manchmal die frage, ob man eigentlich immer noch müder werden kann und wo der boden ist von absoluter verzweiflung. mir zu sagen, dass es für die familien noch schlimmer ist und dass wir alle, die es wollen, da jetzt eben stark und da sein müssen, ihre bilder und geschichten immer und immer wieder veröffentlichen, ist zu einem w/irren mantra in meinem kopf geworden. weil so bescheuert wie es klingt: ja. aber gestern auf dem nachhauseweg auch gedacht, dass ich das alles gewaltig unterschätzt habe. es ist das erste mal, dass meine beziehungen in deutschland so krass und grundlegend wichtig hier sind.