20241008, abends

bevor ich ende januar zurück nach tel aviv geflogen bin, habe ich meiner schwester unter anderem meinen bring them home pullover geschenkt. weil ich dachte, wenn ich ende april (?) wieder nach berlin komme, werde ich ihn nicht mehr brauchen. und damit meinte ich nicht wegen dem wetter. über den aspekt des nach-kaufens habe ich damals geschrieben und hoodies gab es dabei dann sowieso nicht wegen gleich sommer. gestern abend auf dem hostage square vor der übertragung der veranstaltung für / mit den angehörigen habe ich zum ersten mal wieder diese pullover an den ständen gesehen und ich wollte gern einen haben aber ich konnte ihn nicht kaufen einfach weil es ging nicht. es war wie nochmal anfangen. und ich hatte nicht die kraft. komischerweise aber war es möglich, ein tshirt zu erwerben, das es an dem abend zum ersten mal gab.

vor ein paar monaten habe ich an anderer stelle geschrieben, dass ich mir mehr als ein neues cure album die rückkehr der geiseln wünsche. in weniger als einem monat wird das neue cure album erscheinen. ich habe sehr lange darauf gewartet. natürlich konnte man nach dem letzten, 2008 erschienenen album 4:13 dream nicht gleich denken, dass ein neues erscheint. aber irgendwann wurde der zeitraum zu lang. und irgendwann danach fingen ein komisches warten an, das von ankündigungen, andeutungen und dann von den auf der tour veröffentlichten songs unterbrochen wurde. ich hatte immer ein bisschen angst, vorher zu sterben und dass es dann so eine geschichte auf meiner beerdigung ist, das ich tot bin und nie das neue cure album gehört habe. wie auch immer. ich habe lange gewartet auf diesen moment und jetzt empfinde ich nichts, das über den ersten kurzen moment der aufregung bei der ankündigung hinausgeht. leere. es ist mir nicht egal. offensichtlich. aber es macht nicht das mit mir, von dem ich jahre dachte zu wissen, wie es sich anfühlt. frau fragmente hat mich vor ein paar tagen auch nach meinem dating-life gefragt und das hat mich irritierend lang durcheinandergebracht. ich habe in den letzten wochen mir ungewöhnlich oft gewünscht, nicht auf diese eine bestimmte art allein zu sein. aber die frage hat mich unvorbereitet getroffen, weil jede form von dating oder jemanden-kennen-lernen unvorstellbar sind. und das war mir bis zu dem moment nicht bewusst. und jetzt ist es mir bewusst und das schnürt noch mehr traurigkeit in meinen körper. es gibt wenig kraft für dinge, die mir nicht vertraut sind, die ich neu in meinen emotionalen oder gedanklichen oder zeitlichen haushalt aufnehmen kann. mir fehlt ja schon die kraft, eine serie zu schauen, die nur ein bisschen anspruch hat und mit der von mir erwartet wird, dass ich mitdenke. ich würde gern wieder anfangen, ernsthaft zu lesen, zu denken und zu schreiben, aber ich schaffe es nicht. ich würde gern etwas wirklich schönes erleben oder denken oder fühlen. aber ich schaffe auch das nicht. ich bin so erschöpft, so müde, so kaputt, so gebrochen, so traurig. und mir fehlen die geduld und die großzügigkeit für das denken und reden von anderen. ich habe so eine unfassbare wut darüber, dass es menschen entweder egal ist, was am 7. oktober und in dem folgenden jahr passiert ist oder darüber, was sie mit der erinnerung und/oder zur einordnung all dessen machen, wie sie die ereignisse und ihre bedeutung verwässern, kleinreden, in die eigene agenda integrieren.

den tag mit ed. in herzliya verbracht. sehr viel geredet. ich stelle seit anfang dezember fest, wie sich dabei immer neue räume öffnen, andere erweitern und noch ein paar andere verschieben. ich bin überrascht und irritierend dankbar, zu sehen, wie kritisch sie ist, wie politisch, wie jüdisch. sie hat dabei unter anderem ein paar sachen über mich gesagt und ich wusste, dass nichts davon stimmt aber damit dann auch, dass ich das gut geübt und umgesetzt habe, dieses zwischenmenschliche handeln und sein, während ich gleichzeitig in den überforderungen im sosein, die sie von einem ihrer enkel beschreibt, zu hause bin. wie verrückt muss es sein, gesehen zu werden. sich nicht erklären zu müssen. das gehört zu den dingen, die ich erinnere, wenn ich mich an das kennenlernen von a. erinnere. und ich glaube, das schrieb die erinnerung und den verlust so nachhaltig in meinen körper ein.